Donnerstag, 8. September 2016

Die Gefährten des Blauen Mondes #4

Ich kann nicht sagen, ob lediglich ein paar Minuten oder ein paar Stunden vergangen waren, seit ich meine Augen geschlossen hatte. Aber mit einem Mal wurde ich etwas unsanft aus dem Schlaf gerissen, als mich Finias an der Schulter schüttelte.
"Luc, wach auf. Ich habe neue Informationen"
Um mich herum waren alle schon wach und starten mich an, wie das Monster aus der Tiefe.
"Du bist doch eine Frau, oder?" beäugte mich Eo skeptisch. "Du schnarchst schlimmer als ein Holzfäller!" Wie bitte? Aber mal ehrlich: ich bin ein halber Wolf, was hatte sie erwartet?
"Jali schreibt in seinem Tagebuch über einen gewissen Burdas. Er hatte ihn unter Beobachtung, da er mitbekommen hatte, dass Burdas ein paar der Ratsherren von Gondalis erpresst hat. Außerdem schreibt Jali, Burdas hätte einen unbewiesenen Mord auf dem Kerbholz und würde mit den Dalmariern zusammen arbeiten.
Weiter hat er jemanden namens Nikodaris Denario beobachtet - wohl besser bekannt als 'Der Baron'. Der Baron pflegt auffällig viele Kontakte und Beziehungen in der Stadt. Er richtet regelmäßig Feierlichkeiten in seinem Anwesen aus, die Jali wohl verdächtig vorkamen. Dort sollen unter anderem auch Gaukler und fahrendes Volk zur Unterhaltung anwesend gewesen sein. Er hat die Feierlichkeiten immer von der Straße aus beobachtet und einmal sogar versucht, in den Besitz der Gästeliste zu kommen. Aber der Baron hat anscheinend einen großen, aggressiven Wachhund, der Jali vertrieben hat, noch bevor er in die Nähe des Anwesens kommen konnte. Jali schreibt, der Hund sei so aggressiv gewesen, dass der vargische Hundführer Mühe hatte, ihn zurück zu halten.
So viel zu den Informationen. Mir fiel allerdings auch auf, dass dieses Tagebuch keinerlei private Informationen beinhaltet. Rembarik, muss Jali an irgendjemanden Bericht erstatten?"
"Ob er das muss, weiß ich nicht. Ich weiß lediglich, dass er jemanden in Farukan Bericht erstattet. Aber wem genau und worüber kann ich euch nicht sagen."
"Jetzt müssen wir überlegen, was wir mit diesen Informationen anfangen."
"Vom Baron habe ich schon mal gehört. Ich kenne einige Leute in der Stadt. Wenn ihr wollt, kann ich mich ein bisschen umhören." warf Artis ein. "Das wäre wunderbar" dankte ihm Finias "Ich überlege gerade, ob wir uns vielleicht als Unterhaltungskünstler bei einer der Feierlichkeiten einschleichen können. Kannst du tanzen, Eo?" "Tanzen" fragte Eo leicht entsetzt "Ein bisschen vielleicht."
"Luc, begleite du doch Artis in die Stadt, während ich mit Eo etwas einstudiere, um uns beim Baron einzuschleusen."
Eigentlich wäre ich lieber da geblieben. Denn Eo versuchte bereits mit wippender Hüfte und wackelndem Kopf so etwas wie einen Tanz auszuführen. Und was ich sehen konnte, amüsierte mich einfach königlich. Aber mit Artis würde es wahrscheinlich am Ende doch spannender werden.

Ich machte mich mit Artis auf den Weg in die Stadt. Wir liefen etwas abseits der Hauptstraße entlang, zwischen Hinterhöfen und Unterständen hindurch. Immer wieder sprach er vereinzelt Leute an. Er sprach sehr leise, so dass ich nicht hören konnte, was er sagte. Ich sah lediglich, dass die Leute den Kopf schüttelten oder mit den Schultern zuckten.
Wir waren vielleicht eine halbe Stunde unterwegs als sich Artis an eine größere Gruppe zwielichter Typen wandte. Sie waren groß, hatten Narben und sahen nicht aus, als würde ich freiwillig mit ihnen Geschäfte machen.
Er brabelte irgendwas von Dalmariern und Schutzgeld. Mit einem mal wurde er kreidebleich und machte einen Schritt zurück. "Das sind Blutfäuste" wisperte er.
Einer der zwielichten Typen machte ebenfalls einen Schritt nach vorne und hob ihm eine Faust unter die Nase. "Was hast du da eben gesagt? Weißt du eigentlich, mit wem du hier sprichst?" brüllte er und schubst Artis unsanft weg.
Mit einem Satz stand ich mit gezogenem Zweihänder vor ihm.
"So, nicht!" Aber auch ich wurde einen Moment später eines besseren belehrt. Denn hinter der kleinen Gruppe tauchten mit einem mal immer mehr finster drein schauende Gestalten auf. Es waren mindestens 20 Mann.
Ein kurzer Blick genügte und mir war klar, dass selbst ich dieser Gruppe nicht gewachsen war. Ich hielt mein Schwert fest in der linken Hand und schnappte mir Artis Arm mit der rechten und rannte los. Ich bin eine gute Läuferin und selbst für einen Varg  außergewöhnlich schnell.
Ich rannte kreuz und quer durch die Unterstadt, die wütenden Verfolger dicht auf den Fersen.
Irgendwann wurde der Abstand jedoch immer größer und größer bis ich sie irgendwann erst nicht mehr hören und dann auch beim Blick über die Schulter nicht mehr sehen konnte.
Ich bog ziemlich abrupt in einen Hinterhof ab und ließ Artis hinter einem fein säuberlich gestapelten Haufen Holz fallen. Er war immer noch kreidebleich und seine Schulter sah leicht deformiert aus.
Er war nicht gerade schnell und so hatte ich ihn wohl die meiste Zeit mehr oder weniger hinter mir her geschleppt. Ich versuchte erst mal wieder zu Atmen zu kommen.
"Bist du wahnsinnig" brüllte ich ihn an, kaum das ich wieder zwei, drei ordentliche Atemzüge gemacht hatte. "Ich dachte, du weißt, was du tust? Was sollte das? Ohne mich wärst du wahrscheinlich tot und selbst mit mir bist du nur einen Steinwurf davon entfernt!" Artis versuchte eine Antwort zu stammeln, ließ dann aber lediglich den Kopf mit schuldbewusster Mine nach unten sinken. Er hatte wirklich Mist gebaut und das wusste er besser als jeder andere.
Ich konnte mich jedoch kaum einkriegen. Selten hatte ich etwas so dämliches gesehen!
"Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?" "Ich...Es...Es tut mir so Leid... Ähm...Mhh" Er bekam keinen sinnvollen Satz zu Stande. Und, seinem verzerrten Gesicht nach zu urteilen, musste er wirklich ziemliche Schmerzen haben.
"Los, steh auf" knurrte ich "Wir müssen zurück zum Handelshaus. Irgendjemand sollte sich deine Schulter ansehen." Ich steckte meinen Zweihänder weg und half ihm auf die Beine. Dann lugte ich um den Holzhaufen herum, um sicher zu gehen, dass uns keiner gefolgt war. Noch so eine Konfrontation konnte ich aktuell nicht brauchen. Es war alles ruhig.
Still schweigend marschierten wir zurück zum Handelshaus.

Als wir über den Seiteneingang das Lager betraten, spielte Finias immer noch auf seiner Flöte. Eo bewegte sich im Takt dazu und machte dabei nicht mal so eine schlechte Figur. Ich hatte es mir wirklich schlimmer vorgestellt. Als sie Artis erblickte, erstarrte sie in der Bewegung und riss die Augen auf.
Sie rannte auf ihn zu. "Artis, was ist passiert? Sag schon, Artis! Was ist passiert?"
"Dein lieber Artis hat hier wohl doch nicht so gute Kontakte, wie er behauptet!" sagte ich schnippisch. "Er hat ein paar falsche Sachen zu einer Gruppe Blutfäusten gesagt und das beinahe mit seinem Kopf bezahlt...""...und Lucretia hat mich gerettet! Ich habe noch nie jemandem so schnell rennen sehen! Ohne sie, hätten die Kleinholz aus mir gemacht!"Artis verhaspelte sich fast, so schnell hatte er diese drei Sätze gesagt. Finias kramte in seinem Rucksack und zog sein Erste Hilfe-Set hervor.
"Die Schulter ist ausgekugelt. Das wird jetzt kurz weh tun, aber danach geht es dir besser" Als Finias die Schulter ruckartig bewegte, schrie Artis das halbe Handelshaus zusammen. Und dann verstummte er. Er war immer noch bleich. Aber seine Schmerzen schienen tatsächlich besser zu sein.
"Du musst dich jetzt erst Mal ausruhen, Artis. Ich werde mich erst Mal alleine beim Baron umsehen."
"Ich lass dich bestimmt nicht alleine durch diese Stadt irren, Finias. Hier lauern die Gefahren an jeder Ecke." sagte ich. "Ich werde dich begleiten."

Wir verließen das Lager und machten uns auf den Weg.
Wir brauchten fast zwei Stunden, um das Anwesen des Baron zu erreichen, denn wir hatten wieder den Weg außen rum genommen. Ich hatte zwar Lust auf eine handfeste Prügelei, aber ausrauben wollte ich mich nicht lassen.
Das Anwesen befand sich direkt an an einer Hauptstraße auf den Alabasterhöhen, welche allgemein hin auch als Oberstadt bekannt waren. Es war eine prunkvolle Villa in einer großen Parkanlage, die von einer kniehohen Mauer umgeben war. Na gut, bei mir war die Mauerkniehoch. Bei allen anderen ging die Mauer eher bis zur Hüfte. Warum waren die auch so klein!
Die Villa war zweistöckig mit einer Kuppel in der Mitte. Die Zufahrt vor dem Gebäude war etwas erhöht.
Links neben der Villa stand ein alter Geräteschuppen.
Und rechts neben der Villa stand ein Unterstand unter dem eine... Nein, das konnte nicht sein! ...eine geschlossene, schwarze Kutsche vor die zwei schwarze Pferde gespannt waren! Ein dummer Zufall? Wohl eher nicht...
Wir gingen auf die Mitte der Hecke zu, in der ein schweres, schmiedeeisenes Tor eingelassen war. Geziert von einer silbernen Münzen!
Das konnte doch nicht war sein! Das hier MUSSTE der Ursprung allen Übels sein!

Vor dem Tor standen 2 Wachen. Sie musterten uns skeptisch.
"Guten Abend, die Herren" grüßte Finias freundlich.
"Guten Abend. Können wir euch helfen?"
"Mein Name ist Finias und ich bin fahrender Musikant. Ich habe gehört, dass der Baron Gaukler und fahrendes Volk beschäftigt und wollte mich nach einer Anstellung erkundigen."
"Ihr?" Die Wache zeigte mit dem Finger auf Finias "Direkt beim Baron oder beim fahrenden Volk?" Er grinste gehässig.
"Ich bin natürlich nicht allein!" bezeugte Finias "Mich begleiten eine wunderhübsche, tanzende Albin, ein staatlicher Alb - ein begnadeter Geschichtenerzähler - und ein weißer Wolf! Der Rest wartet lediglich in unserer Unterkunft." "Und wer ist sie?" Die Wache nickte in meine Richtung. "Das ist unsere Tierführerin. Sie betreut den Wolf. Ist schließlich kein Schoßhündchen" Ich hoffe, er hatte mit dem Schoßhündchen Fenris gemeit und nicht mich. Aber er klang bei allem, was er sagte, so überzeugend, dass selbst ich anfing, ihm zu glauben!
"Es ist bereits sehr spät. Ich denke nicht, dass der Baron noch jemanden empfängt. Ich werde aber nachfragen gehen." Und damit verschwand eine der Wachen.
"Und ihr haltet hier Tag und Nacht zu zweit Wache? Das ist bestimmt sehr anstrengend" erkundigte sich Finias.
"Wir arbeiten in Schichten. Zwei tagsüber und zwei nachts. Ich muss meistens nachts ran" sagte die Wache zähneknirschend.
"Kein Glück mit den Würfeln?" "Karten. Ich bin da einfach nicht gut drin..."
"Es gibt immer jemanden, der schlechter spielt, als man selbst. Unsere Albin ist hübsch, aber dumm. Ihr würdet sie haushoch besiegen!" Warum pries er denn jetzt Eo wie ein frisches Stück Fleisch an? Wollte er etwa bewirken, dass die Wachen sich auf sie stürzten und ihren Job vernachlässigten? Ich wusste es nicht.
"Und was werden hier so für Feste gefeiert? Bälle? Bankette?" "Der Baron veranstaltet Feste der gehobenen Art. Guter Wein und noch bessere Gespräche. Er versammelt schließlich nur hohe Kaufleute, Ratsherren der Stadt und andere wichtige Leute in seinem Haus. Gelegentlich wird getanzt. Jedoch eher die Unterhaltungskünstler. Aber meistens bekommen wir relativ wenig mit."
"Hat der Baron oft Gäste im Haus?" "Seit seine Frau vor etwas mehr als einem Jahr starb, eigentlich nicht mehr. Aktuell beherbergt er lediglich die 5 Gaukler. Aber auch die schlafen in Zelten neben dem Haus."

Es war ca eine halbe Stunde ins Land gegangen, als die andere Wache wieder auftauchte. "Es ist sehr spät. Der Baron empfängt heute keinen Besuch mehr. Wenn ihr ihn sprechen wollt, so kommt Morgen am frühen Nachmittag wieder. Wenn ihr direkt mit den Gauklern sprechen wollt, so finet ihr diese morgen ab der 2.Sonnenstunde auf dem Seidenplatz bei ihrer Vorführung."
"Natürlich, dafür haben wir Verständnis. Vielen Dank für die Mühe, die ihr euch gemacht habt. Auf dann..." Und mit diesen Worten machten wir uns wieder auf den Weg.
"Merk dir bitte, dass im 2. Stock, im Fenster ganz rechts Licht brannte" zischt mir Finias im Gehen zu.

Wir beschlossen, uns angesichts der Tatsache, dass wir bereits hier oben sind, noch ein Bier im "Goldenen Würfel" zu gönnen. Aber natürlich tut Finias nichts ohne Hintergedanken. "...vielleicht treffen wir dort ja auch den Varg oder Talida..."
Wir betraten den prunkvollen Innenraum der Spielhalle und sahen uns um. Tatsächlich, hinten an der Bar saß ein ergrauter Varg bei einem Humpen Bier. Gut, dass wir auch gerade zur Bar wollten!
Wir setzten uns neben ihn und bestellten jeder einen Humpfen Bier. Finias bestellte eine Plöre, die durch Farbe und Geruch eher an dreckiges Bachwasser erinnerte, als an Bier. Aber, na gut.
Der Varg hatte schütteres Fell und war über und über mit Kampfnarben übersät. Leider sah es in meinen Augen eher nach Narben von verlorenen Kämpfen aus.
Finias versuchte den Varg in ein Gespräch zu verwickeln, ohne preiszugeben, dass wir angeheuert wurden, Jali zu finden. Er stammelte und stotterte eine Lüge nach der anderen, während der Varg immer skeptischer und wortkarger wurde.
"Jali ist verschwunden. Sein Mitarbeiter Rimbarik hat uns beauftragt ihn zu finden" grätschte ich in das Gespräch. "Verschwunden? Warum habt ihr das nicht gleich gesagt?" Er schenkte Finias einen Blick, der Empörung und Irritation beinhaltete. "Das ist seltsam. Ich wollte mich heute hier mit ihm treffen!" "Warum wolltet ihr ihn treffen?" "Ich habe Informationen für ihn. Aber ich glaube nicht, dass wir hier weiter reden sollten."
Er legte Geld auf den Tresen, stand auf und machte eine Kopfbewegung Richtung Tür. Ob es sinnvoll war, mitten in der Nacht mit einem fremden Varg mitzugehen? In einer Stadt, in der Menschen ausgeraubt, erpresst und entführt wurden? Für Finias schien dies kein Problem zu sein. Er zahlte ebenfalls und stand auf. So ein Narr! Aber ich konnte ihn ja schlecht alleine lassen.

Wir folgten dem Varg einige Querstraßen weit zu seiner Wohnung. Unterwegs erkundigte ich mich nach seinem Namen. "Kurrdur. Und ihr?" "Bria Lucretia" "Freut mich euch kennenzulernen, Wächterin." Dieses verfluchte Symbol.
Wir erreichten das Haus, in dem er wohnte und betraten seine Wohnung.
"Nun, welche Art von Informationen habt ihr für Jali?"
"Ich sollte für ihn einige Informationen bezüglich der Gaukler des Barons sammeln. Ich fand heraus, dass sie jeden Tag auf einem anderen Platz auftreten. Sie sind zu fünft. Eine Akkrobatin - eine unglaublich attraktive Albin, ein Jongleur und sein Bruder der Musiker - beides Menschen, ein Gnom, der sich als Illusionist betätigt,  ein vargischer Tierführer, der zusätzlich als starker Mann im Armdrücken gegen das Volk antritt. Und sie haben einen großen Hund dabei.
Außerdem sind sie nicht nur für die Unterhaltung des Barons zuständig, er nutzt sie auch als Lakeien." Sehr interessant!
"Außerdem habe ich ihm Informationen zu einem Ratsmitglied gesammelt, das von einem dubiosen Geschäftsmann erpresst wurde, um die Richtung bei der nächsten Versammlung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Der Rest ist lediglich Klatsch und Tratsch"
"Ist das alles, was ihr Jali zu sagen hattet?" "Ja. Wir hatten uns erst kürzlich unterhalten. Da hatte ich ihm bereits so einige Informationen gegeben." "Welche Informationen waren das?" "Das kann ich euch leider nicht einfach so sagen. So ganz kostenlos..." Dieses Schlitzohr versuchte doch tatsächlich, uns die Informationen zu verkaufen! "Und wie viel meint ihr, sollte uns eine solche Information wert sein" raunte ich. "Jali bezahlt mit 1 Lunar pro Information." "1 Lunar?" schaltete sich nun auch Finias wieder ein "Das klingt nach einem lukrativen Handel. Nun ist Jali nicht nur verschwunden - er wurde entführt! Und wir wurden angeheuert, um ihn zu finden. Wenn wir ihn nicht finden, dann könnt ihr auch keine Geschäfte mehr mit ihm machen. Und das wäre doch wohl das größere Elend, als uns kostenlos die Informationen zu geben, die eventuell zur Aufklärung des Falls beitragen könnten." Die Klatsche hatte gesessen! Kerrdur sah ihn erschrocken aus, fügte sich dann aber. Er erzählte uns all das, was wir früher am Tag bereits in Jalis Tagebuch gelesen hatten. Na wenigstens hatten wir für diese Informationen nicht bezahlt!
Außerdem erzählte er uns, dass Jali wirklich Bericht nach Farukan erstattete. Es ging dabei um Klatsch, aber auch um Informationen für die man im Wirtshaus besser nicht nur ein Ohr offen halten musste. Sein Ziel sei es wohl, das Macht- und Beziehungsgeflecht der Reichen und Mächtigen der Stadt, so wie deren Freunde zu verstehen.
Das klang ganz danach, als sei unser lieber Jali ein farukanischer Spitzel!
"Beantwortet mir eine Frage. Wenn Burdas oder die Dalmarier hinter der Entführung stecken. Wie gut stehen die Chancen, dass Jali noch lebt?" erkundigte sich Finias, nachdem Kerrdur seinen Monolog angeschlossen hatte. "Wie lange ist er denn bereits verschwunden?" "3 Tage" "Wenn ihn die Dalmarier haben, dann fehlen ihm wahrscheinlich ein paar Finger. Wenn Burdas ihn hat, dann fehlt ihm wahrscheinlich der Kopf!" Ich schluckte. Das waren ja tolle Aussichten.
Wir machten uns zum Gehen bereit. "Wo finde ich euch, wenn ich neue Informationen habe?" Bei Rimbarik im Handelskontor". Wir brachen auf.

Es war zwischenzeitlich Mitternacht und der Weg zurück zum Handelshaus zog sich schier endlos dahin.
Die Tür zum Lager war verschlossen und so mussten wir klopfen. Nach ein paar beherzten Fausthieben gegen die Tür, hörten wir auf der anderen Seite Eo.
"Wer ist da?" "Finias, bitte mach die Tür auf." "Wer?" "Finias. Und Luc ist auch bei mir." "Wer ist Luc?" fragte es genervt und müde von der anderen Seite der Tür, während sich diese einen Spalt weit öffnete. "ICH bin Luc!" blaffte ich gefrustet und drückte die Tür vollständig auf.
"Ich dachte du heißt Bria? Was denn nun?" sagte Eo entnervt. "Du brauchst auch gar nicht so genervt tun, du dummes Wolfsvieh!" Ich war furchtbar müde und hatte wirklich keinen Nerv für Eos blöde Masche. Ich wusste wirklich nicht, ob sie so naiv und anstrengend war oder ob sie eine wirklich gute Schauspielerin war. Aber in diesem Moment war es mehr als egal. Ich schnappte sie an der Hüfte und setzte sie auf einen der höchsten Kistenstapel. Aufgeräumt!
"Sehr beeindruckend" sagte sie in einem mehr als schnippischen Tonfall.
Ich hielt es für besser, sie einfach zu ignorieren und mich schlafen zu legen.
Finias murelte noch etwas von "Wer als erster Wach ist, weckte den Rest" und dann versank ich in einen unruhigen Schlaf.



Mittwoch, 24. August 2016

Die Gefährten des Blauen Mondes #3

Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang als sich die Tür wieder öffnete und Finias in das Rot der untergehenden Sonne trat. Eo und Artis folgten ihm auf dem Fuß.
"Und?" ich hatte so lange gewartet, dass ich einfach nur hoffe, dass es wenigstens nicht vergeblich gewesen war.
"Lass uns erst Mal vom Anwesen verschwinden" vertröstete mich Artis. Das klang aber nicht wirklich zuversichtlich. Sie verstauten ihr Waffen und wir traten zurück auf die Straße.
"Er hat Jali gestern Abend gesehen. Sie reden oft miteinander. Es geht vor allem um Politik und den aktuellen Klatsch und Tratsch. Alles in allem ein eher nicht hilfreiches Gespräch" fasste Finias das Geschehen der letzten Stunde zusammen.
"So ein Mist" raunte ich. Ich hatte wirklich gehofft, wir würden das hier alles schnell erledigt bekommen, um uns schnellst möglich spannenderen Dingen widmen zu können. "Und wie sieht dann das weitere Vorgehen aus?"
"Es ist deutlich zu spät, um noch einen der anderen Gäste aufzusuchen. Aber: Eo und Artis, ihr seid ja diesem nächtlichen Geräusch heute Vormittag bereits etwas nachgegangen. Vielleicht sollten wir uns mit den neu gesammelten Informationen aber trotzdem noch mal beim "Knochenwürfel" umsehen."

Über die Sinnhaftigkeit dieser Idee waren wir uns einstimmig einig und so zogen wir los. Artis war bereits ein paar Mal in Gondalis gewesen und kannte die Straßen besser als wir. Er lief mit uns durch verwinkelte Sträßchen und direkt auf einen steil abfallenden Tunnel zu. Der Tunnel lag wie ein dunkler Schlund vor uns und ich hielt abrupt inne.
Ich hatte zuhause eine sehr strenge Ausbildung genossen. Die Kämpfer des Wächterbunds sind weit über die Grenzen der Verheerten Länder bekannt und das nicht ohne Grund. Ich hatte jedoch einen der strengsten Ausbilder, die man sich überhaupt vorstellen kann. Meister Faolan lebte das Motto "Was dich nicht tötet, härtet ab" mehr als intensiv. So wurden Feuerkreise um uns gezogen, wir wurden über Stunden in Eiswasser gebadet und in Kisten gesperrt, in denen es nicht mal Artis kleines Eichhörnchen Mondlicht lange ausgehalten hätte. Ja, Artis schleppte ein handzahmes Eichhörnchen mit Holzbeinchen, Hakenhand und Augenklappe mit sich herum! Ein richtigen kleiner Pirat.
Aber zurück zu mir. Seit ich mal eine ganze Nacht in einer furchtbar engen Kiste verbracht hatte, war ich nicht stärker, sondern einfach nur panisch. Weder Feuer noch Kälte konnten mir etwas anhaben, aber der Gedanke an Enge schnürrte mir die Luft ab.
Und in diesem Tunnel, der hier vor uns lag,konnte ich weder aufrecht gehen, noch meine Arme vollständig ausstrecken. Und damit war er für mich eng. Zu eng!
"Dieser Tunnel sieht nicht gerade vertrauenerweckend aus. Gibt es nicht einen anderen Weg?" Ich versuchte mir meine Angst nicht anmerken zu lassen. Ich suchte Blickkontakt zu Finias, in der Hoffnung, er würde mich unterstützen. Und ich hatte Glück. "Ja, ich möchte auch lieber ein bisschen mehr von der Stadt sehen, damit ich einen besseren Überblick bekomme."
"Aber das ist der kürzeste Weg nach unten. Ich versteh wirklich nicht, was das Problem ist" schnauzte Artis. Diese Reaktion hatte ich nun wirklich nicht erwartet! Er war seit heute Morgen eher ruhig und zurückhaltend gewesen. Jetzt wirkte er eher kühl und distanziert.
Finias versuchte zu schlichten "Dann teilen wir uns auf. Wir gehen außen rum und ihr zwei geht hier lang. Dann decken wir auch eine größere Fläche ab."
"Ich weiß nicht, ob ich alleine mit Artis durch diesen dunklen Tunnel gehen möchte" schaltete sich nun auch Eo ein. Artis sah sie irritiert an. "Schaut ihn euch an! Er sieht nicht gerade aus, als ob er uns beide in einem Kampf verteidigen könnte. Ich gehe vielleicht doch lieber mit der Vargin. Die sieht wirklich stark aus." Artis Kopf wurde leicht rot - ob aus Wut oder Scham vermochte ich nicht zu sagen. Auch wenn ich diese Aussage nicht besonders höflich fand, so musste ich Eo doch Recht geben. Er machte einen wirklich schwächlichen Eindruck.
Allerdings bedeutete das auch, dass wir Eo mitnehmen mussten. Aber irgendwas ist ja immer...

Artis entschied sich dagegen, die Abkürzung alleine zu gehen und führte uns unter Murren über den Schauerpfad in die Unterstadt.
Die Nacht war schon über die Stadt herein gebrochen, als wir den "Knochenwürfel" erreichten.
"Lasst uns nach der Kutsche ausschau halten. Oder wenigstem dem Wappen." nuschelte Finias vor sich hin.Wir teilten uns auf und umrundeten die Spielhalle. Wir lugten in Hinterhöfe und Nebenstraßen, doch nirgends auch nur eine Spur von der Kutsche. Auch Artis und Eo, die Fenris nach Spuren hatten schnüffeln lassen, waren erfolglos gewesen.
Diese Sache stank zum Himmel und wir steckten dort bis zum Hals drin.Und ich musste gestehen, irgendwie hatte mich so langsam der Ehrgeiz gepackt, diesen Fall aufzulösen. Scheinbar ging es Finias genau so.
"Ich weiß nicht, wie es um eure Konstitution bestellt ist, aber ich würde gerne heute Nacht das Gebiet um den "Goldenen Würfel" im Blick behalten. Ich erwarte zwar nicht, dass die Entführer vorbei kommen und uns zu Jali führen, aber vielleicht finden wir eine Spur."
Ich persönlich konnte sehr gut und sehr lange ohne Schlaf auskommen "Kein Problem - ich bin dabei!" "Ich brauche eigentlich meinen Schönheitsschlaf" maulte Eo und strich Fenris durchs Fell. Kurz sah es aus, als ob er angesichts dieser Aussage die Augen verdreht hätte. Aber das hatte ich mir bestimmt nur eingebildet. "Hab dich nicht so, Eo! Du bekommst schon noch deinen Schönheitsschlaf. Aber jetzt gehen wir wieder zurück zum "Goldenen Würfel". Aber diesmal nehmen wir meine Abkürzung." Ein leicht hämisches Grinsen huschte über Artis Gesicht. Dieser miese...
Hätte ich kreidebleich anlaufen können, ich wäre wohl weißer gewesen als ein Pfund Mehl. Ich umklammerte meinen Speer und versuchte ruhig zu atmen. Bloß keine Schwäche zeigen!
"Artis, geh du mit Eo durch den Tunnel. Ich und Luc gehen wieder außen rum." Kaum merklich ließ ich die Luft aus meinem Körper entweichen. Finias wurde mir von Minute zu Minute sympathischer.
"Wie ihr meint!" Artis machte eine abrupte Kehrtwende und stiefelte los. "Los, Eo!" schnautze er Eo an, die etwas verdattert stehen geblieben war. "Aber Artis" zischte sie "Glaubst du nicht, es ist besser, wenn wir alle zusammen bleiben? Was, wenn wir überfallen werden? Wer wird uns dann beschützen? Du etwa?" Ihre Nörgelei wurde mit jedem Meter, den die beiden zwischen uns brachten, leiser.
Auch wenn Artis gerade nicht sehr nett zu mir gewesen war - aktuell tat er mir furchtbar Leid.

Wir machten uns ebenfalls auf den Weg nach oben. Ich schaute zur Seite und hauchte ein leises "Danke" - Finias nickte. Er zog seine Flöte aus der Tasche und fing an zu spielen. Er spielte eine so traurige Melodie, dass ich einen Kloß im Hals bekam. Selten hatte ein Lied mein Herz so schwer werden lassen.
"Was spielst du da?" fragte ich und er ließ die Flöte nach unten sinken.
"Ich weiß es nicht" antwortete er "Ich lasse mich einfach von meinen Gefühlen leiten. Jeder Ort, den ich besuche, hat seine eigene Melodie. Und wenn ich meinen Geist dafür öffne, fließt diese Melodie einfach durch mich hin durch und mit meiner Flöte setzte ich sie frei."
Ich hatte mindestens 3 Fragezeichen im Gesicht. Wovon zur Hölle redete dieser Bursche da. Ich schaute schnell in eine andere Richtung und stammelte ein leises "Interessant". Schließlich musste er nicht wissen, dass ich nicht mal ansatzweise verstanden hatte, was er da gesagt hatte.
Er spielte noch ein paar Takte bevor wir schweigend nebeneinander weiter gingen.

Einige Zeit später - wir hatten die Grenzen der Mittelstadt schon länger passiert - wies uns ein bekanntes Gefiepse darauf hin, dass wir unser Ziel fast erreicht hatten.
"Artis mir ist langweilig!"" Ich bin müde!"" Schau, Fenris hat auch keine Lust mehr""Das ist so öde." "Wären wir doch nur mit den anderen gegangen, dann müssten wir jetzt hier nicht eine Ewigkeit rumstehen!"
"Keine Sorge, Eo. Das Warten hat nun ein Ende" sagte ich, als wir aus dem Halbdunkel der Häuser vor den "Goldenen Würfel" traten.
"Na endlich. Seid ihr her gekrochen? Das hat ja eeeeeeeeeeeeeeeewig gedauert!" Das Wort "ewig" zog sie in so sehr in die Länge, man hätte ihr locker jeden Zahn ziehen können, so lange war ihr Mund geöffnet. Diese furchtbar Nervensäge!
"Nun sind wir ja da" unterbrach sie Finias "Es ist noch nicht sehr spät und ich könnte etwas zu Essen gebrauchen! Was haltet ihr davon, wenn wir dort vorne einkehren?"
Jetzt wo Finias Essen erwähnte, meldete sich auch mein Magen zu Wort. Ich konnte locker ohne Schlaf auskommen, aber ohne Essen war unmöglich.

Da es den anderen beiden ähnlich ging, kehrten wir im "Silbernen Becher", einer Schenke zwei Querstraßen von der Spielhalle entfernt, ein.
Eine junge Dame nahm uns in Empfang. "Möchten die Herrschaften speisen?" sagte sie und versuchte dabei ihre Irritation über die Konstellation unserer Gruppe zu verbergen. Sie führte uns zu einem Tisch in der Ecke.
"Ja, bitte" lächelte Finias "Was könnt ihr uns empfehlen?"
"Wir servieren heute frisch gefangenen Hai oder einen frischen Hasenbraten"
Hmm, Hasenbraten - das klang sehr nach meinem Geschmack. Und wenn es das war, was aus der Küche so herrlich duftete, dann würde es wohl auch ganz wunderbar schmecken.
Und so bestellten wir alle Hasenbraten und etwas zu trinken. Während Eo und ich uns ein Bier gönnten, war es den Herren eher nach Tee.
"Woher kennt ihr zwei euch?" fragte Finias um die Wartezeit zu überbrücken.
"Sie läuft mir seit 2-3 Wochen nach!" knurrte Artis. "Ich hab ihn auf einem Schiff gefunden!" Sie nickte wie ein kleines Kind, dass den Wahrheitsgehalt seiner Aussage noch mal unterstreichen wollte.
"Eo, du sprichst über Artis, wie über ein Tier!" tadelte sie Finias.
"Aber Artis und ich sind Freunde!" wimmerte Eo. "Mein Name ist Ariantis! Ach..." Die Gastwirtin brachte das Essen und beendete damit diese unangenehme Situation.
Schnell fing ich an, das essen in meinen Mund zu schaufeln. Eo schmollte über ihrem Teller, während Artis seine Gabel so stark in den Kaninchenbraten hakte, dass der Teller darunter zu zerbersten drohte.
Wenigstens schien der Genuss dieses zarten Bratens (vielleicht war es aber auch der Kräutertee und der Alkohol) die erhitzen Gemüter wieder etwas zu beruhigen.
"Ich denke, wir sollten demnächst wieder aufbrechen. Ich möchte an die Stelle, an der Jali verschwunden ist" brach Finias das Schweigen.
Ich hob die Hand, um bei der Gastwirtin die Rechnung zu verlangen. "1 Lunar 20 Telar für Hase und Bier. Und 1 Lunar für Hase und Tee."
Ich griff in meinen Beutel und reichte ihr das Geld. Im Augenwinkel sah ich, wie Artis und Eo immer hektischer anfingen, ihre Gewandungen zu durchsuchen.
"Oh, mein Gott! Wir sind ausgeraubt worden" fiepste Eo, während Artis weiter sein Geld suchte.
"Wie konnte das nur passieren? Und wann? Warum habt ihr euer Geld noch?"
"Ich gehe davon aus, dass ihr auf eurer Abkürzung ausgeraubt wurdet. Die Diebe hier scheinen ziemlich flinke Finger zu haben" Ich konnte mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Das hatte Artis nun von seiner Sturheit!
Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass die beiden ihr Essen nicht bezahlen konnten. Und Zechprellerei war keine Option! Da Finias, wie erwähnt, ein armer Schlucker war, beglich ich die Rechnung, ohne weiter darüber nach zu denken. Nun konnten wir uns endlichen auf den Weg machen.

So postierten wir uns also im Halbdunkeln der kleinen Gasse, in der Fenris am Mittag noch ausgeschlagen hatte. Die Gasse war gut befestigt, jedoch erhellte kein Licht den Weg. Es war sehr spät und auch die Bewohner, mit denen Finias heute Mittag gesprochen hatte, schienen bereits zu schlafen. Wir positionierten uns und warteten. Die Zeit floss zäh wie Blei und nichts geschah.
Eine Gruppe Stadtwachen bog von der Hauptstraße in "unsere" Gasse ein und blieb ein paar Meter vor uns stehen - die Waffen fest im Griff.
"Haben sich die Herrschaften verlaufen? Oder warum lungert ihr hier herum?"
"Wir sind nur auf der Suche nach einem Freund. Er kam gestern Abend nicht nach Hause. Habt ihr zufällig einen rundlichen Gnom mit hellbraunen Haaren und dunklen Flecken auf der Haut gesehen?" Diesmal hatte Artis das Wort ergriffen.
"Einen Gnom? Es gibt hier einige Gnome!" Kannten die Menschen hier eigentlich nur zwei Sätze im Bezug auf Gnome?
"Ja, wir suchen aber eben nur diesen einen bestimmten Gnom!" "Nein, wir haben ihn nicht gesehen. Die letzten Tage war es hier in der Stadt recht ruhig. Und ich hoffe, das bleibt auch so!" Die Stadtwache musterte jeden von uns von oben bis unten.
"Keine Sorge, wir wollen nur unseren Freund finden." Mit einem Knurren und einem letzten kritischen Blick drehten sich die Stadtwachen um und zogen weiter.
Weitere 2-3 Stunden passierte nichts und als ich schon kurz davor war, einfach kopfüber nach vorne über zu kippen, sah ich, wie Finias sich plötzlich seltsam bewegte. Er breitete die Arme zur Seite aus und bewegte sich langsam auf die Dunkelheit zu, als wolle er sie herzlich begrüßen. Ich war verwirrt.
Ich starrte in die Richtung, in die er sich bewegte. Wenn ich die Augen fest zusammen kniff, konnte ich an der Ecke ein paar Gestalten von stämmiger Statur entdecken. Wahrscheinlich hatten wir in jemandens Gefilde gewildert und wurden nun überwacht. Als Finias ihnen jedoch näher kam, verschwanden sie wieder in der Dunkelheit. "Du hast keine Ahnung, wie man jagt. Oder? witzelte Eo.

Dieses Spiel wiederholte sich noch 1-2 Mal, bevor die Sonne langsam aufging. Sonst passierte nichts. Was für ein Reinfall!Wenigstens hatte auch Finias das eingesehen.
"Ich denke, hier passiert nichts mehr. Wir sollten weiter ziehen" Nur wohin? "Was schlägst du vor, Finias?" "Könnte der Silberschmied Redgar schon wach sein? Dann könnten wir dort vorbei gehen."
"Schmiede fangen normalerweise recht früh an. Ich denke, dieser Plan könnte funktionieren." Nüchterne Fakten von Artis. Nichts anderes hatte ich erwartet.
Also setzten wir unseren Fußmarsch fort. Die Silberschmiede war nicht weit entfernt. Gestern, bei unserem Besuch im "Silbernen Krug"  hatten wir sie in der Ferne schon ausmachen können. So stand uns nach dieser langen, langweiligen Nacht ohne Schlaf zumindest keine lange Wanderung mehr bevor.

Die Schmiede passt optisch nicht in die Mittelstadt. Nicht das es kein schönes Gebäude war. Es war nur eben etwas schlichter. Schon von weitem konnten wir kleine Wölkchen aus dem Kamin steigen sehen. Irgendjemand war also zumindest schon mal wach.
Als wir vor der schweren Eingangstür standen, schlug sich Finias plötzlich mit der flachen Hand auf die Stirn. "Wir sind aber auch dumm wie Trolle!" Wie bitte? Hatte ich das gerade richtig gehört? Wir starrten ihn alle entgeistert an. Er grinste. "Wir haben gestern Abend entschieden, dass es zu spät sei den Silberschmied oder die Dame Weißblut aufzusuchen. Dabei hätten wir einfach nur in den "Goldenen Würfel" gehen müssen, hätten beide erwischten und hätten dann schlafen können!"
Bei Vergana! Er hatte Recht! Wie kurzsichtig konnte man denn eigentlich sein?
Aber nun war es zu spät. Die Nacht war vergangen und der "Goldene Würfel" längst geschlossen. Also öffneten wir die Tür zur Schmiede, über der das silberne Wappen hing: ein Amboss und ein Zirkel.
Innen herrschte bereits geschäftiges Treiben. Zwei junge Lehrburschen stocherten in der Glut herum, während am anderen Ende des Raums ein Zwerg mit grau meliertem, schwarzem Bart eine Zeichnung beäugte. Einer der Burschen kam auf uns zu. "Wie kann ich euch helfen, werte Damen und Herren?" "Wir suchen Redgar."
"Das bin dann wohl ich" ertönte es von dem Zwerg. "Wie kann ich euch behilflich sein?"
"Wir suchen unseren Freund Jali Bid-Vahil. Er ist vorgestern nach seinem Besuch im "Goldenen Würfel" nicht nach Hause gekommen."
"Jali? Guter Mann. Einer meiner besten Kunden! Was meint ihr mit 'nicht nach Hause gekommen'?" "Sein Bett war unberührt und seit er den "Goldenen Würfel" vorgestern Nacht verlassen hat, hat ihn niemand mehr gesehen. Wisst ihr vielleicht, wo er sein könnte? Die Mitarbeiter der Spielhalle meinten, Ihr hättet euch mit Jali unterhalten. Hat er erwähnt, dass er weg wollte? Oder hat er sich vielleicht sonst noch mit irgendjemandem unterhalten?"
"Wir haben uns unterhalten, das ist richtig. Wir haben über ein paar Stücke gesprochen, die ich für ihn anfertigen sollte. Und natürlich über den neusten Klatsch. Es ist immer wichtig zu wissen, was in der Stadt so los ist! Aber er hat nichts davon gesagt, dass er weg wollte. Zumindest kommt mir dazu gerade nichts in den Sinn."
"Und habt ihr vielleicht gesehen, mit wem er sich an diesem Abend noch unterhalten hat?" "Ja, er hat sich mit einer Dame unterhalten. Normal gekleidet, weißes Haar. Und mit einem etwas älteren, schlacksigen Varg. Er hatte ein ähnliches Fell, wie Ihr." Er hatte sich an mich gewandt. "Oh, euer Symbol muss wohl im Kampf beschädigt worden sein! Ihr Wächter seid ja bekannt für eure außergewöhnlichen Kampfkünste!" Er grabschte nach dem Wächterbund-Emblem, das vorne auf meiner Kettenrüstung befestigt war und das nur deshalb so verbeult aussah, weil ich mit aller Gewalt versucht hatte, es zu entfernen. Leider ohne Erfolg. Ich wollte nicht bereits von weitem als Wächterin erkannt werden, denn schließlich war es in meiner Kultur keine Kleinigkeit dem Bund den Rücken zu zukehren. Vielleicht wurde nach mir gesucht? Vielleicht wollte man mich bestrafen?
"Ähm, das... Ähm, das ist nichts... Danke..." stotterte ich. Eo beugte sich neugierig nach vorne, um das Symbol besser erkennen zu können. Ich drehte mich weg.
"Gibt es sonst noch irgendetwas Interessantes, das ihr uns erzählen könnt?"
"Oh, ihr seid auch Freunde des guten Klatsches? Habt ihr schon von dem fahrenden Volk gehört, das aktuell in der Stadt gastiert? Eine Gauklertruppe! Und da passieren so allerlei seltsame Dinge. Vor ein paar Tagen sind die Bälle des Jongleurs mit in der Vorstellung verschwunden.Verschwunden! Aus der Luft! Plopp... Plopp... Plopp" er tippe in die Luft als würde er drei imaginäre Seifenblasen platzen lassen. "Das ist ja wirklich mehr als interessant. Vielen Dank. Ihr habt uns wahrlich weiter geholfen."
"Ihr geht schon?" Regdar schien ein wenig enttäuscht "In Ordnung. Aber wenn ihr etwas neues erfahrt, dann lasst es mich wissen!" Er machte eine leichte Verbeugung und wandte sich dann seinen Lehrburschen zu. Während er anfing, die beiden auf Grund irgendeines Fehlers zu recht zu stutzen, verließen wir die Schmiede.
Da aktuell nur noch ein Name auf unserer Liste stand, war das Ziel klar.

Als wir das Haus der Dame Weißblut erreichten, war es bereits später Morgen. Auf den Straßen wurde es geschäftiger und lauter.
Hatte die Silbderschmiede schon nicht ganz in das Bild der Mittelstadt gepasst, so passte der Laden der Dame Weißblut schon zweimal nicht hier her. Das Haus war ein bisschen windschief und die Fensterläden hatten bereits deutlich bessere Zeiten gehabt.
Über der Eingangstür hing ein großes schmiedeeisernes Wappen, das von einem Kessel und einem Zauberstab geziert wurde. Durch das große Fenster an der Vorderseite konnte man so gut, wie nichts erkennen. Die Sicht wurde durch eine Mischung aus Spinnweben, Staub, Vorhängen und Kräuterbüscheln versperrt.
Als wir durch die Tür traten, klingelte ein kleines Glöckchen oberhalb unserer Köpfe und hinter einem klimpernden Perlenvorhang rauschte eine Frau hervor. Den Körper in wallende Gewänder und Tücher gehüllt, die feuerroten Haare zerzaust und wild zu etwas ähnlichem wie einer Frisur geformt. Auf ihrer krummen Nase thronte eine riesige  Brille mit Gläser, so dick, man hätte 5 Brillen daraus machen können. Durch die dicken Gläsern waren ihre Augen unnatürlich stark vergrößert und ich spürte, wie mir ein Schauer über den Rücken lief.
"Seid gegrüßt!" flötete sie in einer übertrieben fröhlichen Art. "Wie kann ich euch helfen? Braucht ihr Kräuter? Ein Elixier?" Ahh... DER HUND MUSS DRAUßEN BLEIBEN!" Sie hatte Fenris entdeckt und fuchtelte jetzt wild vor uns herum. "Wenn Fenris draußen bleiben muss, dann bleibe ich auch draußen!" sagte Eo schnippisch und machte auf dem Absatz kehrt. Mit einem dumpfen Schlag fiel die Tür hinter uns ins Schloss. Ein merkwürdiger Geruch stieg mir in die Nase - ich konnte ihn nicht zuordnen. Es roch nach einer Mischung aus Wildblumenwiese an einem warmen Sommertag, regennassem Wald und dreckigem Schwein. Zudem hing ein leichter Nebel aus Staub in der Luft. Und es war still. Unheimlich still! Kein Geräusch drang von der Straße mehr herein.
"So nun, wie kann ich euch helfen? Kräuter? Ein Elixier?" Sie fuchtelte mir allerlei Zeug vor uns herum und ich wurde von der Flut an Düften fast trunken. "Ein Öl für seidiges Fell vielleicht?" sie strich mir über den Arm während sie mir eine Flasche unter die Nase hielt. "Oder etwas für die Liebe?" Nun tänzelte sie um Artis herum. Bei Vergana, diese Frau war das nervigste, was mir je unter die Augen gekommen war! Ich weiß, etwas ähnliches hatte ich auch über Eo gesagt. Aber Eo war dagegen ein Lamm...
Wir stellten ihr unsere Fragen, kamen aber meist nicht weit, weil sie immer wieder versuchte, uns etwas zu verkaufen und eigentlich gar nicht zuhörte. So fanden wir lediglich heraus, dass sie Jali kannte und sich gerne mit ihm unterhielt. Und das die Frau, von der Redgar gesprochen hatte, wohl in ihrem Alter war und auf den Namen Talida hörte. Die beiden hätten sich sehr häufig unterhalten.
Plötzlich unterbracht die Dame Weißblut ihr Gewussel und drehte sich schlagartig um. "Was ist denn mit Jalis Handelshaus? Wer kümmert sich darum?" fragte sie neugierig.
"Rembarik hat sich der Sache angenommen. Er hat zwar alle Hände voll zu tun, aber er schafft das." "Ach, der gute, alte Rembarik! Ich glaube ich werde ihn später besuchen gehen. Ich habe hier etwas, das ihm bestimmt hilft. Ja, das werde ich tun..." und sie drifftete wieder in ihre eigene Welt ab.
Mir wurde es nun zu bunt und so beschloss ich mich zurück zu ziehen. Artis folgt mir, während Finias noch ein paar Minuten im Laden verharrte.
Als wir auf die Straße traten, wurden wir vom Lärm der Welt regelrecht erschlagen. Was war das nur für ein Laden!
Finias verließ den Laden wenige Minten später mit einem ordentlich verpackten Stück Seife. Kein Geld für einen ordentlichen Schlafplatz haben, aber Hauptsache man hat Seife!

Es war zwischenzeitlich früher Vormittag und man konnte uns deutlich ansehen, dass wir uns nichts sehnlicher wünschten als ein Bett. Eo sah furchtbar zerstört aus, Artis konnte die Augen kaum offen halten und selbst Fenris wirkte schläfrig.
"Wir sollten uns ein Gasthaus suchen und uns erst Mal ausruhen" schlug Finias vor. "Ich glaube, ich war noch nie so müde!" "Und wovon sollen wir das bezahlen?" erwiderte Artis geknickt. Ach ja, die beiden hatten ja immer noch kein Geld. Und ich hatte tatsächlich keine Lust, das Gasthaus für die komplette Gruppe zu bezahlen. "Na gut, was schlägst du vor?"
"Wir schauen noch mal bei Rimbarik vorbei. Ich kenne ihn gut. Er hat bestimmt ein Plätzchen, wo wir uns ausruhen können."
Und so traten wir erneut den Fußmarsch in die Unterstadt an. Innerlich verfluchte ich den Architekten dieser Stadt. Wie konnte man eine Stadt nur so groß machen! Und ich verfluchte mich selbst. Warum hatte ich nicht daran gedacht, mein Pferd mit zu nehmen, als ich von Zuhause verschwunden war?

Die Sonne stand hoch am Himmel als wir endlich das Handelshaus erreichten. Rimbarik hatte es heute morgen wohl wieder ganz normal geöffnet, zumindest standen einige Kunden vor dem Tresen.
Wir warteten kurz bis er die Kunden fertig bedient hatte und der Laden sich wieder leerte.
"Seid gegrüßt, Rimbarik. Habt ihr etwas von Jali gehört?" begrüßte ihn Artis. "Ah, seid gegrüßt. Nein, keine Spur von Jali. Seid ihr bereits weiter gekommen? Ich mache heute größtenteils ein bisschen Korrespondez."
"Nicht wirklich. Wir habe ein paar Spuren, aber noch nichts konkretes. Bevor wir aber weiter nach Jali suchen können, müssen wir uns erst Mal ausruhen. Sagt, Rimbarik, hättet ihr uns ein Plätzchen, wo wir ein paar Stunden schlafen können?"
"Ein paar Spuren? Sehr erfolgreich scheint ihr bisher nicht gewesen zu sein. Aber besser wie nichts. Natürlich habe ich einen Schlafplatz für euch. Ihr könnt es euch hinten im Lager bequem machen. Es gibt zwar keine Betten, aber Söldner und Reisende, wie ihr es seid, sind auf solche Situationen gewiss vorbereitet."
"Bevor wir uns hinlegen, hätte ich noch ein paar Fragen" meldete sich Finias zu Wort. "Jali hat im "Goldenden Würfel" des öfteren mit einem Varg und einer gewissen Talida gesprochen. Kennt ihr die beiden?" "Den Namen Talida habe ich schon gehört. Aber ich kann euch leider nicht mehr sagen, in welchem Zusammenhang. Aber ein Varg? Ich wüsste nicht, dass Jali mit einem Varg verkehrt. Aber nun bin ich doch neugierig. Was sind das für Spuren, die ihr da verfolgt?"
Finias holte bedeutungsschwer Luft "Aktuell müssen wir davon ausgehen, dass Jali entführt wurden. Anwohner haben gesehen, wie jemand in eine schwarze Kutsche gezogen wurde. Und zwar genau an der Stelle, an der Fenirs Jalis Spur verloren hat!" Rimbarik wurde bleich.
"Bei den Göttern! Das darf doch nicht wahr sein!  Wie kann ich euch... Da fällt mir ein... " Er kramte unter dem Tisch herum und zog ein Buch hervor. "Würde es euch vielleicht helfen, wenn ihr einen Blick in Jalis Tagebuch werfen könntet? Leider ist es verschlüsselt."
"Das könnte uns wahrlich weiter bringen. Leider beherrscht keiner von uns die Art von Magie, die zum Entschlüsseln des Buches notwendig wäre. Oder?" Er schaute fragend in die Runde. Alle schüttelten den Kopf.
"Ich werde die magische Entschlüsselung in Auftrag geben. Schließlich will ich, dass Jali gefunden wird. Die Entschlüsselung wird ein bisschen dauern, aber ihr könnt die Zeit nutzen, um zu schlafen."
Während dieser Worte war er bereits ausgestanden und auf dem halben Weg zur Tür. Dann war er weg.

Wir zogen uns ins Lager zurück.
Ich nutzte die Ruhe, um mich noch mit Artis und Eo zu unterhalten. Ich wusste nichts über die beiden und auch wenn es etwas spät für eine Vorstellungsrunde war, so wollte ich das doch noch nachholen.
Artis hieß eigentlich Ariantis und gehörte tatsächlich zum Albischen Seebund. Er war schon viel herum gekommen, vor allem mit dem Schiff , und kannte viele außergewöhnliche Orte. Er erzählte davon, wie er Mondlicht verletzte auf einem Landgang entdeckt und an Bord des Schiffes gesund gepflegt hatte. Und das ihm Mondlicht seit her nicht mehr von der Seite gewichen war.
Eo hieß auch nicht wirklich Eo. Sie hieß eigentlich Eora. Na gut, so viel besser war das nicht. Aber Alben waren für ihre seltsamen, melodischen Namen bekannt. Ihrer Aussage nach kam sie von einem 'lauschigen, friedlichen Ort'. Irgendwo in der Nähe des Hafens der Dämmeralben.
Und woher dann erzählte sie, woher sie Fenris hatte. Sie hatte ihn als Welpe verlassen im Wald gefunden und adoptiert. 
Ich mochte die beiden nach diesem Gespräch nicht deutlich mehr als vorher, aber es gab einem ein beruhigendes Gefühl, ein bisschen mehr über die Menschen - oder Alben - zu wissen, mit denen man sich in Abenteuer stürzte.
Und mit diesem beruhigten Gefühl schlief ich ein.

Donnerstag, 21. Juli 2016

Die Gefährten des Blauen Mondes #2

Er drückte die Tür zum Warenhaus auf und steuerte eine Treppe rechts neben dem Verkaufstresen an.
Wir hatten kaum die dritte Stufe erreicht, als von der Tür her ein leises Klingeln zu vernehmen war. Ich drehte mich nicht um und konnte alles, was nun folgte, nur an Hand des Gesprochenen bewerten.
"Seid gegrüßt, Rimbarik" sagte ein Mann mit einer glockenklaren Stimme "Wir wollen zu Jali."
"Ich bin untröstlich, aber Jali scheint aktuell verschwunden zu sein. Er ist gestern Abend, wie jeden Abend, nach Ladenschluss nach oben gegangen, um sich umzuziehen und danach in die Mittelstadt zu gehen. Ihr wisst ja, wie gerne er seinen Feierabend im "Goldenen Würfel" verbringt. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen und heute Morgen hat er das Handelshaus nicht geöffnet. Ich bringe gerade diese beiden Herrschaften in seine Privaträume. Sie sind Söldner und haben sich bereit erklärt, Jali für mich zu suchen."
"Wenn das so ist, werden wir den beiden helfen." erwiderte der Mann hinter meinem Rücken.
"Artis, du wolltest mir schöne Sachen zeigen!" zischte es empört aus einer Ecke des Raumes. "Ich habe keine Lust auf so was! Und Fenris auch nicht! Nicht war Fenris? So was ist total langweilig Artis!".
Was zur Hölle war ein Fenris? Es konnte kein Mensch sein, denn auf die Fragen hatte es nicht geantwortet. Es war lediglich ein Schnauben zu hören.
Aber ganz egal. Fenirs schien aktuell meine kleinere Sorge zu sein. Diese Frau, dieses Mädchen oder was auch immer da gerade mit einem mehr als empörten und viel zu hohen Ton mit dem Mann, der anscheinend Artis hieß, gesprochen hatte, war viel wichtiger. Ich schaute Finias mit aufgerissenen Augen an und schüttelte kaum merklich den Kopf, während ich mit den Lippen das Wort "Nein" formte. Bitte, das konnte er mich nicht antun. Wenn wir hier schon vermisste Säufer suchen mussten, dann wollte ich nicht auch noch auf eine verzogene Göre aufpassen müssen.
"Eo, ich kenne Jali bereits sehr lange. Ich würde ihn überall wieder erkennen. Diese zwei Herrschaften müssten ich sonst an Hand einer Beschreibung suchen. Also bitte reiß dich zusammen. Du bekommst schon noch irgendwas glitzerndes."
Eo? Wirklich? Wo war ich hier nur hinein geraten? Ich sehnte mich zurück nach Drakenhorst zu meiner Familie.
"Ihr kennt Herrn Bis-Vahil?" fragte Finias über meinen Kopf hinweg. Konnte er denn meinen flehenden Blick nicht sehen? Oder war es ihm einfach egal? "Dann würden wir uns sehr über ein wenig Unterstützung freuen." "Natürlich erhaltet ihr auch die selbe Bezahlung, wie die beiden Herrschaften. Ich habe ihnen 1 Lunar pro Tag versprochen und noch einmal das Doppelte, wenn ihr mir Jali heil zurück bringt".
Finias hatte es getan! Er hatte diese wimmernde, kratzbürstige Nervensäge mit dem seltsamen Namen Eo und ihren Freund Artis eingeladen, uns zu begleiten. Konnte dieser Tag eigentlich noch schlimmer werden?

Wir stiegen die Treppe hoch und Rimbarik - nun wusste ich auch endlich, wie der Zwerg hieß - öffnete mit einem Schlüssel, denn er aus einem dicken Schlüsselbund sortierte, die Tür.
Eine Wohnstube, die Küche und sein Schlafzimmer. Alles sehr übersichtlich, aber für eine einzelne Person mehr als ausreichend. Jedoch nicht für 6 Personen. So viele Menschen drängten sich aktuell in den Eingangsbereich hinter der Tür.
Nun konnte ich auch endlich einen Blick auf unsere neuen Anhängsel werfen.
Artis war etwas größer als Finias und fast etwas zu zierlich für einen Mann. Die spitzen Ohren und die sehr feinen Gesichtszüge entlarvten ihn als Alb. Er hatte glänzend schwarzes Haar, das ihm bis zur Mitte seines Rückens reichte, der von einem schweren Seemantel bedeckt war. Nach allem, was ich während meiner Ausbildung gelernt hatte, würde ich darauf tippen, dass er zur Kultur des Albischen Seebunds gehörte.
Eo war ebenfalls eine Albin. Sie war noch mal etwas größer als Artis. Sie trug ihr dunkelblondes Haar bis zur Schulter. Eine Strähne hing ihr trotzig vor den tief braunen Augen. Ihre Kleidung bestand aus einer Lederrüstung in den Farben des Waldes und vielen Fellflicken. Auf ihrem Rücken war eine Armbrust an ihrem Rucksack befestigt.
Und auch, was ein Fenirs war, wusste ich jetzt! Er war ein schneeweißer Wolf mit dämonisch grünen Augen, der Eo auf dem Fuß folgte. Das machte mir diese Frau, die der wirklich verzogene Tochter aus einem Adelshaus nahe des Drakenhorsts sehr ähnlich sah, nicht sympathischer.

Wir betraten das Schlafzimmer und sahen uns um. In der letzten Nacht hatte definitiv niemand in diesem Bett geschlafen und auch ansonsten war der Raum fein säuberlich aufgeräumt. Nicht mal ein klitzekleiner Hinweis.
Genau so, wie in den anderen Räumen. Hmm, und nun?
"Können wir ein getragenes Kleidungsstück haben" fragte Eo. "Dann könnte Fenris sein Spur aufnehmen."
Hey, die Dame hatte tatsächlich eine sinnvolle Idee. Ich war schockiert.
Eo schnappte dich eine Tunika und hielt sie dem Wolf unter die Nase. Es dauert keine Atemzug bis er anschlug und zur Tür hinaus schlappte.

Als Eo und Artis hinterher eilten, blieb Finias und mir nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen. Es ging quer durch die Unterstadt. Als wir an einer Stadtwache vorbei kamen, hielt Finias kurz Inne. "Entschuldigt, bitte" er schaut in den Wachraum. Ein beleibter, älterer Herr schaute von seinem Kartenspiel auf. "Wir vermissen einen Bekannten. Er kam gestern Abend nicht nach Hause. Ist Ihnen vielleicht ein Gnom aufgefallen?" "Ein Gnom? Hier gibt es viele Gnome! Aber mir wäre keiner besonders aufgefallen. Außerdem: Er ist erst seit gestern verschwunden? Das ist doch nichts Außergewöhnliches! Wahrscheinlich hat er auswärts übernachtet oder hat einen über den Durst getrunken und liegt noch in irgendeinem Wirtshaus rum. Wenn er mal eine Woche fehlt, können wir über 'vermissen' reden!" Damit war das Gespräch für ihn anscheinend beendet, denn er vertiefte sich wieder in das Kartenspiel mit seinem Kollegen.

"Und nun?" fragte Artis. "Fenris hat immer noch eine Fährte! Sie scheint nach dort oben zu führen" antwortete Eo und zeigte in eine Gasse, in der, der Wolf wie verrückt hin und her rannte. "Da geht es in die Mittelstadt. Na dann los!" Mit diesen Worten setzte sich Artis wieder in Bewegung.
Einen ordentlichen Fußmarsch später - der Kirchturm hatte vor kurzem Mittag geschlagen - hielt Fenris Inne. Wir standen vor einem großen Gebäude aus hellem Stein über dessen Eingang ein großer goldener Würfel prangte. "Das ist der "Goldene Würfel" - die Spielhalle, in der sich Jali immer rum treibt" meinte Artis. Ach wirklich? Zu diesem Schluß wäre ich alleine nie gekommen...
"Es ist offen. Lasst uns rein gehen" und Eo verschwand.

Im Inneren des "Goldenen Würfel" regierten Gold und Rot. Die Buntglasfenster, die ich von außen gesehen hatte, waren mit schweren roten Vorhängen verhängt, an den Wänden hingen zahlreiche Gemälde und Leuchter. Die Möbel waren aus dunklem Holz gefertigt, in dem sich die goldenen Beschläge widerspiegelten. Alles sehr protzig, aber ich war so etwas vom Hofe gewohnt, auch wenn ich mich nicht dafür begeistern konnte.
In dem ganzen Prunk, der einen beim Betreten fast erschlug, war mir gar nicht aufgefallen, dass hier eigentlich keine Menschen waren. Lediglich hinten neben der Bühne putzten zwei junge Männer gerade den Tresen.
"Wir haben geschlossen! Dürften wir Euch bitten, später wieder zu kommen?" der eine Bursche hatte den Kopf erhoben und sich an uns gewandt.
"Wir sind auf der Suche nach jemandem. Könntet Ihr uns ein paar Fragen beantworten?" Finias war mal wieder sofort zur Stelle.Zögerlich kam der Größere der beiden auf uns zu. "Worum geht es?"
"Wir suchen Jali Bid-Vahil - einen Eurer Stammgäste. Er hat sich gestern hier her auf den Weg gemacht und wurde seit her nicht mehr gesehen."
"Herr Bid-Vahil? Ja, er war gestern Abend hier. Er kommt regelmäßig her. Nicht des Glücksspiels wegen, sondern eher wegen des Klatsches."
"Hat er sich mit irgendwem unterhalten?" hakte Artis nach.
"Wie gesagt, er interessiert sich sehr für Klatsch, weswegen er sich immer mit vielen Gästen unterhält. Aber... Ja, er hatte einen Humpen Bier mit Graf Weidendorn an der Bar. Und ich glaube, er hat sich auch noch mit der Dame Weißblut und unserem Silberschmied Redgar unterhalten. Weitere Gespächspartner sind mir nicht in  Erinnerung geblieben. Wir haben Herr Bid-Vahil, wie immer, kurz vor Mitternacht verabschiedet."
"Ihr erinnert euch aber gut?" stutze Finias.
"Ja, ein paar Minuten später habe ich lautes Geheul und heftiges Bellen vernommen und mich nämlich noch gewundert, dass es doch eine sehr untypische Uhrzeit für einen Hundekampf war. Und noch dazu so einen lauten!"
"Siehst du Artis, der Bursche hat das Gebell auch gehört!" schimpfte Eo plötzlich los "Ich habe mir das nicht eingebildet! Und du wolltest mir nicht glauben!"
Oh je, was war denn nun schon wieder los? Ich starrte irritiert zwischen Artis und Eo hin und her.
"Eo sprach mich heute morgen auf ein ziemlich lautes und aggressives Geheul an. Ich hatte aber nichts gehört. Wir haben versucht, das ganze zu untersuchen, weil Eo Angst hatte, der Hund könnte verletzt sein. Aber sie wusste nicht genau, woher das Gebell gekommen war. Und nachdem wir an der Tür des "Knochenwürfels" gescheitert waren, hatten wir die Suche eingestellt und wollten Jali besuchen. Ich hielt es einfach nicht für wichtig!" Ein Hauch von Zweifel schwang im letzten Satz mit.
"Ha, das bereust du jetzt, oder?" fast schon hämisch grinsend schlich Eo um ihn herum. Ich bremste sie mit meinem Arm aus.
"Gibt es sonst noch etwas, dass wir wissen sollten?" Finias hatte schnell das Thema gewechselt. "Nein, sonst kann ich Euch leider nicht weiterhelfen."

Wir verließen den "Goldenen Würfel" und traten zurück in das gleisende Licht der Mittagssonne. Es war warm und es ging nur ein lauer Wind.
Wir liefen etwas unkoordiniert durch die Straßen, was wohl nicht die blödeste Idee, die wir an diesem Tag hatten, denn mit einem Mal schlug Fenris erneut an. Er rannte, wie von der Tarantel gestochen, los. Einen Augenblick lang starten wir uns alle etwas verwirrt an, bevor wir die Beine in die Hand nahmen und hinter ihm her rannten.
Aber so schnell, wie er los gerannt war, bremste er auch wieder. 
Wir standen nun mitten in einer schmalen, schattigen Gasse. Fenris drehte sich im Kreis und versuchte scheinbar verzweifelt die Spur wieder zu finden - aber er fand nichts. Sie endete genau hier, mitten in einer Gasse, was wohl bedeutete, dass Jali genau hier verschwunden war.

Wir sahen uns um. Es gab hier lediglich ein paar wenige Eingangstüren, aber diese lagen alle etwas entfernt von der Stelle, an der sich Fenris im Kreis drehte.
Finias ging zur nächst gelegenen Tür und klopfte.
Eine ältere Frau öffnete die Tür einen Spalt "Ja, bitte? Kann ich euch helfen?"
"Seid gegrüßt. Ich hätte eine Frage. Habt Ihr gestern Nacht irgendetwas außergewöhnliches gehört oder gesehen?" "Gestern Nacht? Warum wollt ihr das wissen?"
"Wir vermissen seit gestern Nacht einen Freund und es scheint, als sei er hier das letzte Mal gesehen worden." "Wenn das so ist. Ja, gegen Mitternacht war vor unserem Haus ziemlich was los! Wir haben lautes Geheul und Gebell gehört und als ich aus dem Fenster sah, konnte ich gerade noch sehen, wie jemand in eine Kutsche sprang und davon fuhr."
"Jemand sprang in eine Kutsche? Was für eine Kutsche?" hakte Finias nach.
"Vielleicht wurde er auch hinein gezogen. Es ging alles wahnsinnig schnell und es war ja auch dunkel. Und dann war die Kutsche ja auch noch schwarz."
"Ganz schwarz?" "Nein, nicht ganz. Auf der Seite konnte ich ich ein silbernes Wappen erkennen. Aber leider keine Details."
"Danke, ihr habt uns sehr geholfen." Finias nickte verabschiedend und wartete bis sich die Tür wieder geschlossen hatte.

"Sieht aus, als wäre Jali entführt worden." Finias kam wieder auf uns zu.
"Entführt?" fiepste Eo "Was ist das denn für eine Stadt?"
"Die Anwohnerin hat heute Nacht gesehen, wie er genau an der Stelle, an der Fenris gerade die Spur verloren hat,  in eine schwarze Kutsche mit silbernem Wappen gezogen wurde."
"Hat sie Jali erkannt?" Artis hatte einen skeptischen Ton angeschlagen.
"Nein, natürlich nicht. Aber, es wäre doch mehr als merkwürdig, wenn das alles rein zufällig in der Nacht passiert, in der Jali verschwindet. Und dann auch noch seine Fährte genau an dieser Stelle endet." Da hatte Finias definitiv Recht. So viel Zufall wäre wirklich mehr als merkwürdig.
"Und was machen wir nun?" So ganz wusste ich nicht, worauf das ganze hier raus laufen würde.
"Vielleicht sollten wir einen der Spielenhallen-Gäste besuchen, mit denen sich Jali gestern unterhalten hat? Die wissen vielleicht was!" Schon wieder ein sinnvoller Vorschlag von Eo? Ich wusste langsam wirklich nicht mehr, was ich denken sollte. Vielleicht war sie doch nicht nur die verzogene Göre, für die ich sie im ersten Moment gehalten hatte?
"Ich bin für Graf Weidendorn"

Der junge Mann aus dem "Goldenen Würfel" hatte uns Graf Weidendorn als älteren Mann mit schütterem, weißem Haar und Gewichtsproblemen beschrieben.Und er trug einen beachtlichen Schnauzbart.
Da er in der Oberstadt wohnt, lag wieder ein längerer Fußmarsch vor uns.
Zwischenzeitlich war es unheimlich warm und meine Kettenrüstung glühte unter der Sonne. Aber das war nichts gegen das wirklich nervende Gezeter von Eo.
Obwohl es ihr eigener Vorschlag gewesen war, Graf Weidendorn aufzusuchen, motzte sie in einer Tour. Mir ist warm. Ist es noch weit? Sind wir bald da? Selbst ihr Wolf schien bereits von ihr genervt zu sein.
Als sie wieder Mal direkt neben mir anfing zu zetern, musste ich mich sehr beherrschen, ihr nicht einfach meinen Speer über den Kopf zu ziehen, den ich aktuell als Wanderstab nutzte.

Und dann waren wir endlich angekommen. Das große, weiße Haus des Grafen stand auf einem noch größeren Grundstück, das von einer Hecke umgeben war, über die selbst ich nicht schauen konnte. Was hatte der Graf dahinter wohl zu verstecken? Dieses Gefühl, dass es etwas zu verstecken gab, verschwand auch nicht, als wir den Vordereingang des Anwesens erreichten, der von zwei schwer gerüsteten Wachen bewacht wurde. Sie standen links und rechts neben dem großen, schmiedeeisernen Tor, das von einem bronzefarbenen Kornsack und einer Feder geziert wurde. 'Zumindest ist der Graf schon mal nicht der Besitzer der schwarzen Kutsche' schoß es mir durch den Kopf.
Als wir auf das Tor zugingen, stellten sich uns die Wachen breitbeinig in den Weg.
"Kein Durchgang" brummte der eine.
Finias trat nach vorne und verneigte sich "Wir hätten gerne Graf Weidendorn gesprochen."
"Der Graf erwartet heute keinen Besuch mehr" brummte die andere Wache.
"Wir sind nicht angemeldet" stimmte Finias entschuldigend zu "Aber wir müssten ihn dringend sprechen. Es geht um Jali Bid-Vahil."
Die Wachen schauten einander fragend an - der Linke nickte. "Ich werde mich kurz erkundigen" sagte der Rechte und zog von dannen.

Es dauerte etwas länger, aber irgendwann kam er wieder.
"Der Graf kennt Herr Bid-Vahil. Und auch wenn ihm nicht ganz klar ist, in wie fern er euch helfen kann, so empfängt er euch." Puh, so viele Wort und am Ende hat er uns nichts weiter zu sagen, als 'Ihr dürft eintreten'.
Ich erwartete, dass er einen Schritt zur Seite machen würde, so dass wir eintreten konnten und setzte bereits einen Schritt in die entsprechende Richtung.
"Aber die Waffen müssen hier bleiben!" Der Satz klang wie eine schellende Ohrfeige. Niemals würde ich meine Waffen unbeaufsichtigt bei Unbekannten lassen!
"Dann bleibe ich auch hier draußen! Ich bin euch bei diesem Gespräch wahrscheinlich keine wirkliche Hilfe" sagte ich. Es sollte erwachsen wirken. Ich wollte nicht auf die selbe Stufe mit der nörgelnden Eo gestellt werden.
"Gerne, auch wenn wir euch versichern können, dass eure Güter hier sicher sind." erwiderte die Wache.Meine Gefährten legten ihre Waffen ab. Artis zogen aus jedem Winkel seiner Kleidung eine Waffe. Es wunderte mich nicht, das er am Ende sogar ein Messer aus dem Schaft seines Stiefels zog.
Waffenlos und gar unschuldig, machten sich die Drei auf dem Weg zum Haus, während ich und Fenris es uns neben dem Haufen, den die Waffen bildeten gemütlich machten.

Ich konnte gerade noch sehen, wie sich die Tür hinter meinen Gefährten schloss.

Freitag, 15. Juli 2016

Die Gefährten des Blauen Mondes #1

Eine kurze Information zu Beginn:
Der nun folgende Text ist FanFiction. Es ist der erste Teil einer fortlaufenden Storyline.
Die Geschichte beruht auf den Erlebnissen meiner Rollenspielgruppe, die aktuell in regelmäßigen Abständen das Rollenspiel-System "Splittermond" spielt.
Ein herzlicher Dank geht dabei an den Spielleiter Sebastian, an Ylva (Ariantis aka Artis), Marco (Eora aka Eo) und Till (Finias), ohne die das hier alles gar nicht funktionieren würde!


Willkommen zu der Geschichte meiner Reise.
Eine Reise voller Abenteuer und Gefahren, voller Freundschaft und Erfahrungen.
Ich nehme euch mit durch die wunderbare Welt Lorakis und zeige euch ihre Bewohner.

Wer ich überhaupt bin?
Mein Name ist Bria Lucretia, aber jeder, den ich kenne, nennt mich Luc. Ich gehöre zur stolzen Rasse der Vargen und stamme in ununterbrochener Linie von hoch angesehenen Leibgardisten ab. Meine Eltern - Tormod und Refia-, meine Großeltern und wohl schon so einige Generationen davor, waren für die Sicherheit einer Adelsfamilie in Drakenhorst, einer kleinen Festung in den Verheerten Landen verantwortlich. Eine ehrenvolle Aufgabe! Aber so ein Leben am Hof ist auch furchtbar langweilig...
Seit ich 4 Jahre alt war, wurde ich im Kampf mit Waffen unterrichtet. Das ist im meiner Kultur, dem Wächterbund, so üblich. Schließlich haben wir unser Leben dem Kampf gegen die Finsternis verschrieben. Aber auch das ist lange nicht so spannend, wie es klingt!
Ich bin also geschickt im Umgang mit einem großen Zweihänder, aber auch mit einem Speer. Im Notfall tut es aber auch einfach meine Faust.
Ich bin groß. Ihr Menschen würdet wohl sagen, riesig. Denn ich messe von der Sohle bis zum Scheitel gut 2,10m. Ich habe dichtes, dunkelgraues Fell mit einer hellen Fellzeichnung auf meinem Bauch. Durch mein dunkles Fell leuchten meine goldbraunen Augen förmlich.
Tja, das ist meine Vergangenheit und jetzt kommt meine Geschichte!

Kommt und folgt mir...

Wir schreiben den 24.Tag des Heumondes. Es ist angenehm warm, aber nicht heiß. Die Sonne steht bereits seit einigen Stunden am Himmel. Wir haben nach knapp zwei Wochen den Stadtrand von Gondalis erreicht. Zwei Wochen, also bin ich seit knapp vier Wochen nicht mehr zu Hause. Vier Wochen habe ich nicht mehr mit meinen Eltern gesprochen. Vier Wochen habe ich ich meine Brüder nicht mehr gesehen. Denn ich habe mich gegen mein Leben entschieden. Ich hatte keine Lust auf das langweilige Leben am Hofe, dass für mich vorherbestimmt war. Ich wollte kein Leibgardist sein.
Ich habe mich entschieden, etwas zu tun, was Schande über meine Familie bringt und der Gedanke quält mich sehr.

Seit Beginn des Heumondes begleiten wir nun schon den Händler Kunnberg Markgraf und seinen Wagen. Wie ich in diese Situation gekommen bin - eine Geschichte so kompliziert, wie die Studie der Monde!
Vor etwas mehr als zwei Wochen war ich auf der Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Ich hatte mich mit kleineren Hilfsarbeiten auf verschiedenen Höfen am Rande der Verheerten Lande über Wasser gehalten.
Als ich in der Abenddämmerung in einem kleinen Dorf an kam, bot sich mir ein seltsames Bild. Ein eher schmächtiger, junger Mann - wahrscheinlich kaum älter als ich - kämpfe am Rande des Waldes mit einer kleineren Gruppe Rattlinge, die wohl versucht hatten, den Hof zu überfallen.
Der junge Mann war verhältnismäßig groß für einen Menschen. Er hatte hellbraunes, kurzes Haar und trug einfache Leinenkleider.
Es bedurfte lediglich einen Herzschlag, um festzustellen, dass er den Rattlingen mit seinem Streitkolben nicht gewachsen war. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Ich stürmte los. Im Laufen zog ich meinen Zweihänder aus der Scheide und streckte kurzerhand alles nieder, was mir in den Weg kam. Ein Rattling, noch ein Rattling, ein Schaf. Bei Vergara - das hatte ich nicht beabsichtigt!
Und dann war es ruhig. Der junge Mann bekam langsam wieder etwas Farbe ins Gesicht und atmete etwas ruhiger. Er stellte sich als Finias vom Kreuz vor.
Er überzeugt den Bauern, dem der Hof gehörte, dass er uns über Nacht aufnahm und uns zusätzlich mit einer warmen Mahlzeit versorgt (Es gab Lamm - was eine Überraschung!)
In der Nacht unterhielten wir uns lange. Er sei auf dem Weg in die Verherrten Land, auf der Suche nach den verborgenen Schätzen der Drachlinge. Gold, Silber und andere Reichtümer waren es, die sein Herz begehrte.
Ein Dummkopf, wenn ihr mich fragt, aber na gut.
Ich riet im von der Weiterreise ab. Er hatte sich nicht mal gegen eine handvoll Rattlinge durchsetzen können. Er wäre tot - kaum, dass er die Grenzen der Verheerten Lande überquert hätte!
Ich meinerseits musste zugeben, dass ich aktuell nicht genau wusste, wohin ich gehen wollte. Bisher war ich immer der Nase nach gelaufen, wo auch immer der Wind mich hin trieb.
Finias erzählte, dass er von einem Ort namens Gondalis gehört hatte. Ein Ort, in dem man schnell zu viel Gold und Ruhm kommen konnte. Er grenze direkt an die Kristallsee an. Das klang wunderbar! Ich war noch nie an einem größeren Gewässer oder gar einem Meer. Und schließlich war ich losgezogen, um mehr von der Welt zu sehen. Also beschlossen wir, gemeinsam los zu ziehen.

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg. Wo genau Gondalis lag, war uns nicht bekannt, aber das konnte uns nicht aufhalten.
Einen Tag und eine Nacht wanderten wir den Waldrand entlang. Gefühlt bewegten wir uns nicht vom Fleck. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen.
Als wir den nächsten Hof erreichten, zweifelte ich schwer daran, vor zwei Wochen die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Finias sicherte uns auch diesmal eine Unterkunft für die Nacht und eine warme Mahlzeit. Reden konnte der junge Recke definitiv!
Kurz bevor ich mich zur Nachtruhe legte, kam Finias von einem abendlichen Spaziergang zurück. Er hätte auf einem benachbarten Hof einen Händler getroffen, der tatsächlich auf dem Weg nach Gondalis sei. Er hätte immer wieder mit Angriffen von Rattlingen zu kämpfen gehabt und sei nun auf der Suche nach Söldnern, die ihn auf seiner Reise begleiten und ihn und sein Ware beschützen.

Den Rest könnt ihr euch denken und so waren wir nun wie Eingangs erwähnt, seit zwei Wochen mit Kunnberg Markgraf auf Reisen. Und heute, endlose, mehr als langweilige Tage - ein paar schwächliche Rattlinge ausgenommen - später, hatten wir endlich die Tore Gondalis erreicht.
Hier sind wir nun! Direkt vor den Toren der Stadt. Obwohl, das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Wir waren einige hundert Meter vor den Toren der Stadt. Wir standen in der Schlange der Händler, die am Zugang zur Stadt akribisch durch die Stadtwachen kontrolliert werden. Und das kann dauern. Mit der Zeit stieg die Sonne immer höher und höher und als wir endlich das Tor erreichten, hatten die Glocken der Kirche schon lange die Mittagsstunde verkündet. Na ja, ein ruhiger Tag für den wir trotzdem bezahlt wurden. Man sollte sich nicht beschweren. Auch wenn ich mich wirklich fragte, wofür ich noch mal genau meine Heimat verlassen hatte. Denn wirklich spannender als Dienst bei Hofe waren die letzten zwei Wochen wirklich nicht gewesen.
Wir durften passieren und ritten in die Stadt.
"Welcher Tag ist heute?" fragte Herr Markgraf. "Hmm, es müsste Donnerstag sein" antwortete Finias. Herr Markgraf schaute etwas verwirrt, grummelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und meinte dann "Oh, wir waren wohl etwas schneller als erwartet. Ich kann meine Ware erst morgen bei meinem Freund abgeben. Ich müsste eure Dienste also eine weitere Nacht in Anspruch nehmen. Natürlich gegen den üblichen Lohn!". Oh, nein! Noch eine Nacht? Mir war so sterbens langweilig. Ich hatte gehofft, nun endlich etwas erleben zu können.
"Natürlich, mein Herr. Immer zu euren Diensten. Wir erledigen diese Aufgabe bis zum Schluss" hörte ich Finias sagen. Die Würfel waren gefallen.
Wir machten uns auf den Weg in die Unterstadt. Herr Markgraf erklärte uns, dass Gondalis drei geteilt sei. Es teile sich auf in die Unterstadt am Hafen, die eher ärmlich war und wo das Recht auch manchmal schlief. Hier gab es vor allem einfache Häuser und größtenteils unbefestigte Straßen. Dann gab es Mittelstadt, den Stadtbezirk der Tüftler und Denker. Nicht reich und doch wohlhabend genug, sich einen angenehmen Lebensstandard zu gönnen. Und zu guter Letzt die Oberstadt. Ein Bezirk voller Prunkbauten und wunderbar gepflegter Gärten, in denen die gehobene Gesellschaft und der Adel unterkamen.
Uns würde es also in die Unterstadt verschlagen. Und was soll ich sagen, er hatte definitiv  nicht untertrieben. Die Menschen hier waren - bis auf wenige Ausnahmen - in sehr ärmliche Kleider gehüllt. Die Häuser machten den Eindruck, als würden sie keinen noch so kleinen Sturm überleben. Aus den hinteren Winkeln der Gassen war lautes, aggressives Hundgebell zu hören. "Hundekämpfe - die Unterhaltung des einfachen Volkes" kam es von Herrn Markgraf. "Gondalis ist vor allem für das Glücksspiel bekannt. Man kann hier sehr schnell viel Gold machen, sagt man. Ich bevorzuge Gondalis vor allem wegen all der anderen Nettigkeiten, die hier geboten werden, um einem den Tag zu versüßen." Ja, das mit dem "schnell viel Gold machen" kannten wir, schließlich war es unser Antrieb gewesen, hier her zu kommen.

Wir ritten die verwitterte Straße hinunter. Kamen an kleinen Geschäften und Marktständen vorbei und standen wenige Minuten später vor dem Eingang einer Kaverne. Was sollte denn das nun schon wieder? Was wollten wir in einer Höhle?
Wir fuhren durch den geräumigen Tunnel entlang, der dem Eingang folgte. Er war so breit, dass zwei Pferdekutschen dein Eingang problemlos passieren konnten. So eine Höhle hatte ich noch nie gesehen. Und irgendwie war es hier ein bisschen feucht.
"Willkommen im Rachen, dem Hafen von Gondalis!" sagte Herr Markgraf verheisungsvoll. Mir blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. In dieser "Höhle" war ein riesiger Hafen. Hier lagen bestimmt ein Dutzen Seeschiffe vor Anker. Auf den Stegen herrschte emsiges Treiben beim Be- und Entladen. Und am Rand der Kaverne gab es tatsächlich ein richtiges Hafenviertel.
Es war hier weder wirklich hell, noch unheimlich dunkel. Der ganze Raum war in das warmen Licht von Fackeln gehüllt.
Am anderen Ende der Kaverne wurde es wieder ein bisschen heller. Dort gab es keine Wand, sondern die Kaverne ist dort durch einen großen Wasserfall von den Kristallseen abgegrenzt.
Durch den Wasserfall liegt immer eine kleiner Wasserfilm in der Luft. Das war es wohl, was ich im Eingang wahrgenommen hatte.
Wir liesen uns im "Der Halbvolle Grog" nieder. Na ja, Herr Markgraf lies sich dort nieder. Wir kamen mit der Kutsche in einer angrenzenden Scheune unter. Laut dem Geläut der Kirchenglocken war es mittlerweile früher Abend und so langsam überkam mich der Hunger. "Soll ich uns was zu Essen besorgen? Herr Markgraf kommt für unsere Verpflegung auf" sagte Finias. War mir mein Hunger so deutlich anzusehen? Oder hatte er einfach nur ein gutes Gespür für andere Wesen?
"Ja, bitte. Ich bin kurz vor dem verhungern". Er verließ die Scheune, während ich mich mit der Umgebung vertraut machte. Schließlich sollte man immer wissen, von wo man angegriffen werden kann.
Gefühlte Sekunden später, kam Finias auch schon mit zwei dampfenden Schüsseln um die Ecke. Mein Bauch machte einen Hüpfer und ich ging ihm entgegen, um ihm eine der Schüsseln abzunehmen.
Ich weiß nicht genau, was mich zuerst traf - der Geruch oder der Anblick dieser braunen Pampe - zumindest machte ich ziemlich abrupt auf dem Absatz kehrt. "DAS esse ich definitiv nicht. Ich bin wahrlich nicht verwöhnt, aber eine Mahlzeit sollte nach einer Mahlzeit aussehen und nicht nach einer Schüssel Schlamm vom nächst gelegenen Feld." "Ich weiß" sagte Finias "Aber es schmeckt bestimmt viel besser, als es aussieht!". Er versuchte sich ein Grinsen abzuringen und setzte sich mit seiner Schüssel neben die Kutsche. Ich beobachtete, wie er sich den ersten Löffel in den Mund schob. Er kaute (was auch immer es an dieser Pampe zu kauen gab) sehr, sehr lange und es war offensichtlich, dass er es vermeiden wollte, das ganze zu Schlucken.
"Lass das! Das kann man ja nicht mit ansehen!" maulte ich und nahm ihm seine Schüssel ab.
"Hier, nimm die 2 Lunare und schau mal, ob du hier irgendwo eine ordentliche Mahlzeit auftreibst. Ich bewache so lange den Wagen." "Hier gibt es bestimmt bezahlbaren, frischen Fisch. Schließlich sind wir in einem Hafen." "Ich bevorzuge ein Stück Fleisch, aber bevor ich diese Pampe esse, esse ich auch Fisch". Und er zog von dannen.

Finias war arm. Völlig mittellos. Das hatte er mir in der ersten Nacht erzählt, als wir uns kennengelernt hatten. Er war auf der Reise, um Schätze zu finden, die er zu Geld machen konnte. Seine Eltern würden sich auf ihn verlassen.
Auf Grund dieser Mittellosigkeit hatte er sich daran gewöhnt, anspruchslos zu sein. Er hätte diese braune Pampe gegessen und sich selbst eingeredet, es würde wahrhaft köstlich schmecken.
Aber das konnte ich nicht. Ich war nie arm gewesen. Keiner in meiner Kultur war das. Es gibt dort für jeden eine Aufgabe und somit kann sich jeder auch etwas zu Essen leisten. Ich fühlte mich verpflichtet, mich um ihn zu kümmern. Ich hätte ihn nicht hier lassen können, während ich mir eine akzeptable Mahlzeit zu Gemüte führte.Morgen würden wir unseren Sold bekommen, dann würde sich die Lage entspannen.
Für heute war es nun eben so.
Eine gute Weile später öffnete sich die Scheunentür und Finias trat voll bepackt herein. Ich konnte frisches Brot riechen. Ich eilte herbei, um ihm zur Hand zu gehen. Eine Schweinehaxe, zwei frische Laib Brot und zwei Fische waren seine Ausbeute. Und es waren sogar ein paar Telar übrig geblieben.
"Ich hab ganz schön hart mit dem Metzger verhandelt" sagte Finias - augenscheinlich sehr stolz - als er mir die Haxe in die Hand drückte. "Für mich gibt es Fisch und du bekommst dein Fleisch. Das Brot ist sogar noch warm". Das war eine Mahlzeit nach meinen Vorstellungen. Auf einer kleinen Feuerstelle bereiteten wir das Essen zu und verschlangen es gierig.
Puh, das hatte ich gebraucht! Nur hatte ich jetzt das Gefühl, ich könne mich nie wieder bewegen und müsse dringend schlafen.

Die Nacht hatte im Rachen Einzug gehalten und die Lichtverhältnisse wurden etwas schlechter als bei Tage. Nichts desto trotz entdeckte ich die 3 Gestalten am Eingang der Scheune sofort. Ich stupste Finias an.
"Kann ich euch helfen?" fragte ich. "Wir würden euch gerne eure Waren abnehmen! Wir machen euch auch einen fairen Preis!" raunzte es von Richtung Tor. Die Stimme verriet, dass der Preis wahrscheinlich war, dass sie uns wenigstens die Kleider lassen wollten, die wir am Leib trugen. Aber nicht mit mir! Ich zog meinen Zweihänder aus der Scheide. "Die Ware steht nicht zum Verkauf" sagte ich mit fester Stimme und machte einen Schritt auf die Tür zu.
"Guten Abend die Herren. Wir wollen hier wirklich keinen Ärger. Bitte hört mir zu. Wir sind Söldner und werden dafür bezahlt, diese Ware zu beschützen. Aber nur noch bis Morgen Mittag. Dann geht diese Ware an den nächsten Händler über und ist so zu sagen vogelfrei. Eure Chance, sie ohne viel Mühe an euch zu nehmen." Hatte ich gerade richtig gehört? Hatte Finias gerade mit ein paar Kriminellen verhandelt und ihnen die Ware fast schon versprochen. Mein Kiefer war runter geklappt und ich starte ihn an. Seine Augen sagten 'Vertau mir'.
"Morgen Mittag?" raunzte es wieder von der Tür "Na gut, so lange können wir warten." Und ohne ein weiteres Wort, zogen sie von dannen.
Die einzige Herausforderung seit Tagen und er hatte die Sache diplomatisch gelöst. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich steckte mein Schwert weg.
"Was war das denn?" fragte ich mit einer Mischung aus Verwunderung, Wut und  Empörung "Ich hatte keine Lust mich mit denen anzulegen. Und ab morgen Mittag kann uns die Ware ja auch völlig egal sein." "Ich hätte sie mit einem Schlag niederstrecken können!" "Du darfst schon noch etwas niederstrecken. Mach dir bitte keine Sorgen."
Und mit diesen Worten legte er sich auf den Wagen, um zu schlafen.

Die Nacht verging ohne weitere Störungen. Weit nach Mitternacht drohten mir langsam die Augen zu zufallen und ich weckte Finias für die Ablöse. Ich kroch in meinen Schlafsack und fiel sofort in einen komatösen Schlaf.
Viel zu früh war das Krähen des Hahns zu hören und riss mich böse aus einem wunderbaren Traum.
Wir frühstückten den Rest des Brotes und machten uns dann fertig.
Im Laufe des Vormittags stieß Herr Markgraf zu uns. "Könne wir los? Ich werde erwartet!"
Also packten wir unsere sieben Sachen und machten uns auf den Weg durch die Stadt. Das Handelshaus lag am anderen Ende der Unterstadt. Der Weg zog sich, blieb aber weiterhin ruhig. Lediglich an einer Ecke, kurz bevor wir unser Ziel erreichten, erspähte ich die drei Gestalten der vergangenen Nacht. Sie schienen uns zu folgen, jedoch mit mehr als angemessenem Abstand.
Während Finias Herrn Markgraf nach drinnen begleitete, bewachte ich draußen die Ware.
Die Zeit verstrich und aus unerfindlichen Gründen kam die beiden nicht mehr raus. Durch die Scheibe konnte ich sie mit einem Zwerg reden sehen. Dieser schien etwas besorgt zu sein, während er aufgeregt mit den beiden sprach. Eine gefühlte Ewigkeit später, sah ich, wie Herr von Markgraf auf dem Absatz kehrt macht, gefolgt von Finias und dem, mir unbekannten Zwerg.
"Ihr könnt absteigen. Die Ware wird jetzt eingelagert." sagte Herr von Markgraf.
Ich stieg vom Wagen und wurde so gleich von einem Angestellten des Warenhauses ersetzt, der den Wagen vorsichtig in eine Gasse neben dem Gebäude lenkte.
"Vielen Dank für eure Dienste. Wie besprochen sind hier die 14 Lunare pro Kopf". Herr Markgraf drückte jedem von uns einen kleinen Beutel in die Hand. "Gehabt euch wohl" Und weg war er.

"Wir zwei haben einen neuen Auftrag" Finias blickte sehr ernst drein. "Oh, sehr gut. Um was genau handelt es sich? Jungfrau in Nöten? Ausräuchern einer Diebesgilde?" "Der Besitzer dieses Handelshauses - Jali Bid-Vahil - wird seit gestern vermisst" "Das kannst du nicht ernst meinen. Der wird irgendwo versumpft sein. Ich möchte eine richtige Aufgabe!" "Wenn er lediglich irgendwo versumpft ist, dann haben wir das ganze ja schnell erledigt. Pro Tag bekommen wir 1 Lunar und noch mal das selbe, wenn wir ihn gesund zurück bringen. Er bezahlt anscheinend Schutzgeld an die Dalmarier. Das ist eine der 3 Gruppen, die die Stadt unter sich aufteilen." "Die Dalmarier? Was machen die denn hier? Die gehören normalerweise nicht hier her." "Siehst du, vielleicht wird es doch ganz interessant! Bist du dabei?" Ich konnte ihn ja so wie so nicht alleine lassen. Wer weiß, wie lange er es alleine packen würde. Und so wirklich wusste ich auch gar nicht, was ich sonst tun sollte.
"Na, gut. Einverstanden."
"Können wir uns die Privaträume von Herrn  Bid-Vahil ansehen" wendete sich Finias nun wieder dem, mir immer noch unbekannten, Zwerg zu. "Sehr gerne, wenn es Ihnen hilft, ihn zu finden. Bitte folgen Sie mir."

Freitag, 1. Juli 2016

Smart Geek: Was sind Fandom, Fan-Fiction und Co.?

Ich kenne mich aus im Bereich Fantasy, Rollenspiel und ähnlichem.
Bei Begriffen wie Fandom, Fan-Fitction und Fluff war ich bisher jedoch meist eher ratlos.
Aber dafür hat man ja geekige Freunde, die einem gerne weiterhelfen.

Und damit auch ihr nicht dumm sterben müsst, macht Ylva von der Klang von Zuckerwatte heute mal einen auf Erklärbär und fasst für euch zusammen, was man über Fandom, Fan-Fiction und Co. wissen muss...

Montag, 27. Juni 2016

5 Gründe, warum du unbedingt zu einer Comic Con musst!

Die 1.Comic Con Germany ist vorbei!
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge schaue ich auf das vergangene Wochenende zurück.
Happy über alles, was ich erlebt habe. Etwas traurig darüber, dass es – wie all die schönen Dinge im Leben – viel zu schnell vorbei ging.

Aber die allerbeste Nachricht zuerst: Nach der Comic Con ist vor der Comic Con! Die Comic Con Germany kehrt am 1.&.2.07.2017 nach Stuttgart zurück!

Und ich hab auch gleich 5 Gründe dabei, warum ich euch nur wärmstens empfehlen kann, euch diesen Termin rot im Kalender anzustreichen!

1. Die Stars

Manu Bennett, Nathan Fillion, Karen Fukuhara und viele mehr tummelten sich dieses Wochenende auf der Comic Con Germany. Es gab Photosessions, Autogram-Stunden und Panels bei denen die Stars über ihre Filme, Serien und ihren Job allgemein erzählten. Okay, das Ganze war teilweise nicht ganz billig, aber das stört einen hart gesottenen Fan ja dann doch nicht so sehr, wenn er dafür einmal mit seinem Lieblingsstar knuddeln darf.
Ich musste leider auf einen Besuch bei Manu Bennett verzichten, weil mir die anstehende Hochzeit noch die Haare vom Kopf frisst...

2. Die Cosplayer
Ich kam mir vor wie ein kleines Kind in einem wahrgewordenen Märchen. BB-8, Darth Vader, die Dornröschen-Feen Flora, Fauna und  Merryweather, die Ghostbusters, World of Warcraft-Charaktere und vieles mehr. Vor allem am Samstag kam ich aus dem Staunen kaum mehr raus. Auch ein paar bekannte Cosplayer waren eingeladen und haben im Cosplay Kingdom fleißig Autograme geschrieben und Tipps gegeben.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Geekrace - Episode I: The Clash Of The Geeks

Achtung, dieser Blogpost enhält Handyfotos und ja, ich bin mir der teilweise miserablen Qualität bewusst und es ist mir egal ;)

Meine hochgeschätzten Geeks,ich bin froh, dass ich auf Eure Unterstützung zählen kann. Die Bedrohung, der wir aktuell ins Auge sehen, ist schlimmer, als ich befürchtet habe!

So, wurden wir am Samstag bei Geekrace per Whatsapp von Professor McGuffin begrüßt.
Beim was? Beim Geekrace!
Einer interaktiven (Whatsapp, Twitter, Instagram) Schnitzeljagd von Geeks für Geeks . Ein Event bei dem das "unnütze" Wissen über Filme, Serien, Animes und solche Sachen endlich mal zum Einsatz kommt.

Letzten Samstag traf ich mich dafür mit Ylva von Der Klang von Zuckerwatte, Sebbi aka mein bester Freund und meinen beiden Schwestern im Milaneo in Stuttgart. Dort, genauer gesagt, im dort ansässigen Elbenwald, sollte das Event starten.
Ab 12°°Uhr konnten wir unsere Unterlagen abholen. Ups, ein bisschen mehr Papierkram als ich erwartet habe! Der Umschlag beinhaltete eine Art Anschreiben, den Aufbau des Race, die Teilnahmeregeln, die Collection-Übersicht und die Teilnahmebedingungen.


Das Race teilt sich in die Mainquest (4-5 zusammenhängende Aufgaben, 40%), Sidequests (Mutproben mit Zeitbeschränkung, 25%), Duelle (Quizrunden auf Twitter, 20%) und Collections (Bildersammlungen, 10%).
Insgesamt kann man 5.000 Punkte machen. Wer sich jetzt wundert, dass die Prozentangaben lediglich 95% ergeben - für jeden Cosplayer im Team erhielt man weitere 50 Punkte.

Da das ganze erst 13°° Uhr los ging, hatten wir eine Stunde Zeit uns mit den Collections zu beschäftigen. Wir hatten 10 Begriffe (Joker, 8Bit, Gasmaske, Geist, Armbrust, Hammer, Zauberstab, Triforce, Drache, Schraubenzieher) zu denen wir jeweils bis zu 5 Bilder machen und posten sollten. Klingt easy? Selbst in einem Fantasystore voller Dr. Who-Merch haben wir nicht genug Schraubenzieher gefunden...

Pictures by Ylva von Der Klang von Zuckerwatte
Pictures by Ylva von Der Klang von Zuckerwatte

Und dann ging's los. Ich werde nicht alles, was Professor McGuffin uns geschrieben hat, hier 1:1 wieder geben, aber der Starttext hilft beim besseren Verständnis:

Unsere Scanner rotieren seit ein paar Wochen auf Hochtouren. Wir haben es hier mit einer Form von Strahlung zu tun, wie ich sie nie zuvor gesehen habe.
Diese Strahlung hat nur ein Ziel: sie verursacht ein seltsam aggressives  Verhalten von Geeks gegen andere Geeks. Ich will mir nicht ausmalen, welche Auswirkungen das auf "Normalos" hat.
Für meinen Geschmack breitet sich dieses Verhalten viel zu schnell aus, um einen natürlichen Ursprung zu haben. Meine Sensoren bestätigen diese Vermutung: alle Zeiger schlagen in Richtung "Quelle des Bösen" aus.
Meine Datenbanksuche über die letzten Wochen hat 4 Hauptverdächtige ins Visier gebracht. Jetzt liegt es an uns, herauszufinden, welcher Bösewicht hinter dieser Sabotage steckt.
Damit ich mir aber sicher sein kann, dass Ihr auch die seid, die Ihr vorgebt zu sein, habe ich einen kleinen Test vorbereitet. Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, denn meine Paranoia hat mir in der Vergangenheit nicht nur einmal den Hintern gerettet...

Als erste Aufgabe mussten wir ein Team-Selfie vor einem Hintergrund, der zu unserer offiziellen Team-Farbe passt, machen. Die Umschläge hatten uns zum Team "Orange Spartans" erkoren, also ab zur nächsten orangenen Wand!
Im Parkhaus wurden wir fündig und legten los.


Dann eine der wichtigsten Fragen der Filmgeschichte: Rote oder blaue Pille?
Auf dem "Anschreiben" waren rote und blaue Buchstaben, die - richtig angeordnet - die Begriffe "Captain" und "Ironman" ergaben. Wir waren natürlich Team Ironman!

Nach ein paar einfachen Quizfragen, startete auch schon die erste Sidequest.
Macht mir den Deadpool! Nichts lieber als das.
Wir verschanzten uns wieder im Treppenhaus und posden um die Wette.
Sehr cool!


Aber bei weitem nicht so cool, wie die nächste Aufgabe. Hier drehte sich alles um die Macht. Wir sollten sie einsetzten und das Ganze dokumentieren.
Meine kleine Schwester wechselte kurzer Hand zur Dunklen Seite der Macht und vaderte Sebbi und Ylva, während ich mit Hilfe der Macht eine Türe ganz ohne Berührung öffnete.


Zwischenzeitlich vermutete Professor McGuffin die Daleks als Hauptverantwortliche. Und da sie in der Lage waren, sich als Mülleimer und Hydranten zu tarnen, war es an uns, ein paar davon in Form von Fotos zu dokumentieren.
Und tatsächlich ergaben die Analysen, dass sich darunter Daleks befanden. Diese konnten wir mit einem Foto aus sicherer Entfernung ausschalten. Wichtig ist dabei der Blitz, denn der lässt die Schaltkreise durchbrennen ;)


Dann stand Quidditch auf dem Plan. Yeah!
Nur "Schnappt euch einen Besen und macht ein Foto damit" klang einfacher als erwartet. Ein ganzes Kaufhaus und nirgendwo ein Besen! In letzter Not haben wir am Ende einen Friseur "überfallen" und uns dort kurz den Besen geliehen. War das also auch geschafft...

Nun folgt die Aufgabe, die uns allen am wenigsten gefallen hat. "Dreht jetzt ein Video, in dem ihr alle Luftgitarre spielt oder singt den lautesten Song, der euch einfällt." Das wir alle das ODER überlesen hatten, machte die Sache nicht besser. Letztendlich haben wir uns dann neben der Stadtbibliothek verschanzt und wenigstens ein Luftgitarren-Video vom feinsten gedreht.
Und dann hatten wir den Schurken endlich identifiziert.

Am Ende sind wir dem Schurken auf die Schliche gekommen. Unser heimlicher Erzfeind, Baron Ignaz von Stumpf, steckt hinter dieser Verschwörung.
Er versucht, durch massiven Einsatz seines Trivial-Transmitters, die Bevölkerung immer mehr zu verdummen, indem er ihre Ansprüche ganz gezielt herunterschraubt.
Sollte er damit Erfolg haben, werden die Plots der Filme und Serien, die wir so lieben, irgendwann auf dem Niveau von Anaconda II oder Jersey Shore angesiedelt sein.
Wir müssen ihn unbedingt aufhalten! Aber wie..?
Wartet... ich habe eine Idee! Wenn es uns gelingt, das Signal seines Trivial-Transmitters zu hijacken, können wir die Frequenz ändern und der Menschheit wieder zu mehr Anspruch verhelfen. In meiner Schublade liegt schon lange ein Entwurf für ein Gizmo, das genau dazu in der Lage wäre.

Unsere Aufgabe bestand nun darin, Alufolie, einen Strohhalm und eine Büroklammer zu besorgen und daraus einen Aluhut mit Propeller zu basteln.
Die Büroklammer ersetzten wir kurzer Hand durch eine Sicherheitsnadeln, denn die befand sich in meinem Geekrace-Notfall-Set! Nicht mal 10 Minuten brauchten wir für diese Doppelaufgabe.

Und dann kam der bekloppte Professor um die Ecke und erzählte was von einem Sailer Moon-Dance. Bestimmt nicht! Wir entschiedenen uns für die Alternativaufgabe und stellten eine Attacke aus Street Fighter nach.
Und dann war es 18°° Uhr und das Geekrace damit zu Ende!

WIR HABEN ES GESCHAFFT!!! Der Trivial-Transmitter ist außer Gefecht gesetzt! Baron von Stumpf ist außer sich vor Wut - wenn ich seine Whatsapp-Nachricht, die nur so voller böser Emojis strotzt, richtig interpretiere. Jedoch schwört er bitterliche Rache. "Die Kürbisse und Süßigkeiten sollen Euch im Halse stecken bleiben, wenn ich zurückkehre!!!111elf", schreibt er. Was er DAMIT wohl meint???
Fortsetzung folgt...

Schade, dass wir nicht fertig geworden sind. Laut Professor McGuffin hätte es wohl noch mehr Aufgaben gegeben.
Aber allein durch die Tatsache, dass wir während der Quizrunden - 2x 1 Stunde - nur rum saßen, haben wir extrem viel Zeit verloren. Beim nächsten Mal wissen wir, dass wir parallel dazu weiter spielen müssen.
Und ein nächstes Mal - da sind zumindest wir fünf uns einig - muss es unbedingt geben. Wir sind auf jeden Fall dabei!

Mögen die Spiele beginnen,
Jessi